Aktionstag am 26. Februar

Protest in der Pause: die Drucker der Süddeutschen Zeitungfoto: adalbert schmidt / ver.di

Seit Wochen schon treibt die Menschen die Frage des neuen Renteneinstiegsalter um. So wie die Bevölkerung den Aufrufen der Gewerkschaften gegen die Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre folgt, steht der Regierung wieder eine Zeit der Proteste bevor: Was sie Reform nennt, wird als weitere sozialpolitische Demütigung begriffen. Und allen Drohungen der Arbeitgeber zum Trotz, die betriebliche Proteste politisch und damit illegal nennen, fanden im Januar erste Kundgebungen in vielen Betrieben gegen die verlängerte Lebensarbeitszeit statt.

Aufgerufen dazu hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der die Demonstrationen vom Oktober gegen den Sozialabbau an die betriebliche Basis verlagert hat, um die Welle des Widerstands anwachsen zu lassen. Wenn am 26. Februar im Bundestag Sachverständige angehört werden, begleitet die Sitzung ein bundesweiter Aktionstag der DGB-Gewerkschaften.

"Heute jung, morgen arm" - das darf nicht sein. Schon jetzt ist die Altersarmut erschreckend gewachsen. Rentenerhöhungen gibt es seit Jahren nicht oder nur marginal. Steuern und Preise, etwa für Energie, sind gestiegen. Nur noch eine Minderheit ist bis zum 65. Lebensjahr beschäftigt. Die hohe Arbeitslosenquote, die Hartz-Gesetze und Vorruhestandsregelungen werden die Zahl der Bedürftigen rasant steigen lassen. Und: Sollte das Rentenalter heraufgesetzt werden, bleiben drei Millionen Arbeitsplätze länger besetzt, schätzen Experten, was die Jobchancen für junge Menschen weiter senkt.

Von den Alpen bis zur Küste wächst der Protest

Begonnen haben die Gewerkschafts-Aktionen im Dezember in Stuttgart und in NRW am 22./23. Januar. Dort folgten rund 8000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Aufruf der IG Metall und nahmen bei Ford an Informationsveranstaltungen gegen die "Rente mit 67" teil. Insgesamt beteiligten sich Kolleginnen und Kollegen aus 34 Betrieben an den Kundgebungen, auf denen auch die Verlängerung des 2009 auslaufenden Altersteilzeitgesetzes gefordert wurde. Am 26. Januar protestierten in Berlin, München und Stralsund 21000 Menschen auf der Straße. Demonstriert wurde auch in Regensburg und Landshut und inzwischen an vielen Küstenorten.

Die Regierung zum Umdenken zwingen

Die ver.di-Bezirksverwaltung Stuttgart beteiligte sich am 29. und 30. Januar als nächste an der Stafette: In über 25 Betrieben wurden Kundgebungen organisiert, zu denen mehrere tausend Menschen aufgerufen waren - so in der Abfallwirtschaft, der Uni, in Jugend- und Verwaltungsämtern, medizinischen Einrichtungen, im Staatstheater und bei der Allianz Stuttgart. ver.di-Chef Frank Bsirske brachte den "Renten-Blödsinn" auf dem Marktplatz in Esslingen auf den Punkt: "Rente mit 67 in einer Situation anhaltender Massenarbeitslosigkeit - in einer Situation, in der derzeit 60 Prozent der deutschen Betriebe überhaupt niemanden mehr beschäftigen, der älter als 50 ist - heißt doch nichts anderes, als dass viele Ältere in Zukunft noch zwei Jahre länger arbeitslos sein werden. Und anschließend mit noch weniger Rente dastehen."

So sehen das inzwischen Hunderttausende in Betrieben in ganz Deutschland, bei VW und bei Audi allein an die 60000 Demonstranten. Wahlurnen werden aufgestellt. Um die 98 Prozent der Menschen sind gegen die Rente mit 67. Bundesarbeitsminister Franz Müntefering schließt dennoch ein Entgegenkommen gegenüber der Bevölkerung und den Gewerkschaften aus. Der Aktionstag am 26. Februar muss ihn zum Umdenken zwingen.

Kommentar Albrecht Müller