Kultur-, Medien- und Filmschaffende brauchen eine bessere Gesetzgebung und die Koppelung der Filmförderung an Tarifstandards

Beim Film gehen die Uhren oft anders. Abo Schmid, lange Jahre Kameramann beim BR, bei der Arbeit

Wow, Maskenbildnerin beim Film! Ein beneidenswerter Job: bekannte Gesichter schminken, Drehorte in der ganzen Welt bereisen und viel Geld verdienen. Letzteres ist relativ. Denn, was viele nicht wissen, ist, wie es im Filmbusiness wirklich zugeht. In einem durchschnittlichen Jahr hat unsere Maskenbildnerin drei große Filmprojekte. Die drängen sich im Sommer, wenn man wegen des schönen Wetters und der langen Tage optimal drehen kann. Eine 90-minütige TV-Produktion braucht etwa 21 Tage. Während dieser Zeit ist die Maskenbildnerin auf Produktionsdauer befristet angestellt und bezahlt wie jeder Angestellte alle Sozialversicherungsabgaben. Die 21 Arbeitstage sind im Schnitt an sechs Tagen pro Woche zwischen 12 und 14 Stunden lang, manchmal länger. Für ihre Arbeit erhält die Maskenbildnerin eine tarifliche Wochengage für 50 Wochenstunden von 1055 Euro brutto. Damit erreicht sie ein Jahresbruttogehalt von circa 13000 Euro.

Nun könnte sie sich arbeitslos melden, wenn sie nicht beschäftigt wird, eingezahlt hat sie ja. Da genau liegt das Problem, seit die Sozialgesetzgebung verschlechtert wurde. Denn ohne branchenübliche Gegebenheiten zu beachten, gilt für alle die gesetzliche Vorgabe, dass innerhalb von zwei Jahren zwölf Monate Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt werden müssen, sonst gibt es kein Arbeitslosengeld I. Die Maskenbildnerin, die für ihre Branche durchschnittlich gut im Geschäft ist, rutscht direkt in das ALG II mit allen Konsequenzen. Selbst "Stars" der Branche schaffen diese Hürde häufig nicht. Von unstetig Beschäftigten (wie Synchronsprechern) oder tageweise gebuchten Schauspielern ganz zu schweigen.

Ein Konto für die Arbeitszeit

Um die Situation zu entschärfen, hat ver.di einen Tarifvertrag abgeschlossen, der Zeitkonten für die überlangen Arbeitszeiten der Filmschaffenden vorsieht und so die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung verlängert. Dies ist aber für viele Filmschaffende noch nicht ausreichend, und viele Produktionen halten sich nicht an den Tarifvertrag.

Wie viele Film- und Kulturschaffende genau betroffen sind, lässt sich schwer ermitteln. Nach dem "Filmbarometer 2006", einer Studie von Ernst & Young, gab es 2005 rund 96500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Film- und Fernsehbranche, davon im größten Filmstandort München etwa 15800. "Charakteristisch für die Branche ist, dass es viele kleine Unternehmen gibt, die einen Stamm an fest angestellten Mitarbeitern und eine Vielzahl freier Mitarbeiter beschäftigen", heißt es in der Studie.

Dennoch muss dringend eine passende Lösung her, und darum fordert der BundesFilmVerband in ver.di

die Bundesregierung zu einer Berücksichtigung der besonderen Arbeitsbedingungen in Film, Kultur und Publizistik auf. Nicht zwölf, sondern fünf Monate müssen ausreichen, um einen Anspruch auf ALG I zu gewährleisten. In anderen europäischen Ländern gibt es seit langem vergleichbare Regelungen. In Deutschland ist es höchste Zeit, nachzuziehen;

dass die Filmförderungen der Länder und des Bundes sofort die Einhaltung der tarifvertraglichen Sozialstandards zur Bedingung der Förderfähigkeit machen. Die Gesetzgeber müssen die dahingehende Grundlage schaffen.

Bitte unterstützen Sie die Initiative mit Ihrer Unterschrift: www.connexx-av.de/5statt12. Dort finden Sie auch weitere Informationen zum Thema.