Der Fachbereich Medizin der Johannes-Gutenberg-Universität fusioniert mit den Mainzer Unikliniken. Die Beschäftigten machen sich Gedanken über ihre Zukunft

Anne Rohrbachers Arbeit im Genlabor ist abwechslungsreich und erfordert sehr viel Präzision

Wenn Anne Rohrbacher (52) am Mikrotom sitzt und Gewebeproben für die medizinische Forschung vorbereitet, ist haarscharf zu ungenau. Auf den Mykrometer (das entspricht 0,001mm) genau arbeitet das Gerät, mit dem die biologisch-technische Assistentin derzeit Proben aus den Gehirnen von gentechnisch veränderten Mäusen entnimmt. Für die Arbeit mit Tierversuchen gibt es strenge Bestimmungen. Im Rahmen des aktuellen Projektes wird erforscht, wie epileptische Krämpfe oder Angstzustände gelindert werden können. Das Genlabor gehört zum Fachbereich Medizin der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, welcher über ein Gesetz mit den Mainzer Unikliniken fusioniert werden soll.

Umbauarbeiten sind im vollen Gange

Der Arbeitstag von Anne Rohrbacher beginnt um 8 Uhr 30. Im dritten Stock verlässt sie den Aufzug; nachdem sie die mit Plastikfolie abgehängte Tür passiert hat, beginnt das Tagesgeschäft. "Die Kühlung macht Schwierigkeiten", wird sie von ihrer Kollegin begrüßt. Derzeit sind Umbauarbeiten in Gange und da kommt es schon mal öfter vor, dass ein Gerät ausfällt.

In dem Genlabor arbeiten derzeit fünf Kolleg/innen auf Landesstellen, andere arbeiten befristet in verschiedenen Projekten. Gerade die Kühlung ist wichtig, denn die Gewebeproben werden bei minus 80 Grad Celsius gelagert und bei minus 18 Grad Celsius bearbeitet.

Mit den verschiedensten Labortechniken werden diese dann für die wissenschaftliche Forschung vorbereitet. Weiterbearbeitet werden die Proben von Wissenschaftler/innen der Sparten Medizin, Chemie und Biologie. Zudem absolvieren jährlich rund 500 Studierende der Medizin und Zahn- medizin ihr Praktikum im Institut für Physiologische Chemie.

Nachdem der weiße Kittel übergezogen ist, treffen sich die Kolleg/innen zur Absprache des Tagesablaufs. Es wird zum Beispiel geklärt, wer an welchem Projekt arbeitet oder welche Materialien in der "Spülküche" vorbereitet werden müssen. Dort stehen riesige Dampfkessel, in welchen mit Hochdruck und Hitze Apparate sterilisiert werden können. Nach der Besprechung widmet sich jeder seinen Aufgaben.

Derzeit gehen den Kolleg/innen viele Fragen durch den Kopf. Bald schon werden sie nicht mehr bei der Uni Mainz, sondern bei der auf Basis eines Gesetzentwurfes zu gründenden "Universitätsmedizin" arbeiten. Zu diesem Konstrukt werden die Unikliniken und der Fachbereich Medizin der Johannes-Gutenberg-Universität zusammen geführt. Zunächst wird die Gesellschaft eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Diese kann später zu einer GmbH umgewandelt werden.

Unikliniken in der Schuldenfalle

Zielsetzung ist es, wirtschaftlicher zu arbeiten. So müssten zum Beispiel derzeit die Dienstleistungen der Uni an die Kliniken mit Umsatzsteuer belegt werden, so Rüdiger Wetzel vom Personalrat der Uni Mainz. "Wenn später auch private Investoren einsteigen, heißt das für uns Verkauf", so Waltraud Friedrich vom Personalrat der Unikliniken. Für die mit mehreren Millionen Euro in die Schuldenfalle geratenen Unikliniken war ein bisher erfolgreich umgesetztes Konzept verabschiedet worden, das eine Sanierung bis 2010 vorsah. "Dieses Konzept wurde auch vom Personalrat unterstützt, aber man lässt uns keine Zeit", so die Kollegin Friedrich weiter.

Obwohl die Arbeitsbedingungen durch den Gesetzentwurf sehr gut abgesichert sind, gibt es Befürch- tungen. "ver.di hat hart für uns gekämpft", so Anne Rohrbacher. Aber sie fragt sich, "was wird, wenn irgendwann ein Haustarifvertrag abgeschlossen wird". Sie verdient als Beschäftigte des Landes Rheinland-Pfalz bereits jetzt deutlich weniger als die Kolleg/innen, die in der freien Wirtschaft arbeiten. Wie gut sich ver.di in Tarifverhandlungen durchsetzen kann, hängt von der Mitgliederstärke und dem Engagement der Beschäftigten ab. Im Moment sind die betroffenen Bereiche noch nicht so gut organisiert. Da wird Überzeugungsarbeit zu leisten sein.

Alle machen sich Gedanken über die Zukunft

Anne Rohrbacher macht sich weiterhin eine Menge Gedanken. "Wie sehen unsere zukünftigen Arbeitsbedingungen aus? Von wem werden Serviceleistungen und Reparaturen für das Genlabor zukünftig erledigt? Wer berät uns bei Arbeitsschutz und Sicherheitsfragen? Die neue Verwaltung kennt unsere Bereiche nicht, wird alles bürokratischer?" Zudem wird Anne Rohrbacher erst einmal ihr Mandat im Personalrat verlieren.

Der Personalrat der Kliniken wird bis zur nächsten Wahl die künftigen Beschäftigten der Universitätsmedizin vertreten. Es wird dazu zwar eine Regelung im Gesetzentwurf geben, aber dieser ist noch nicht bekannt. Nach wie vor besteht eine Menge an Unsicherheiten. Genauso verhält es sich mit der Befürchtung, dass Lehre und Forschung in naher oder ferner Zukunft von einer GmbH verantwortet werden. "Zählt dann auch hier nur die Wirtschaftlichkeit?", fragt sich Anne Rohrbacher.

"Wir wollen in den Prozess der Umwandlung mit einbezogen werden und mitgestalten," fordert Rüdiger Wetzel vom Personalrat. Gleiches gilt für die Kolleg/innen der Unikliniken. Zu wünschen bleibt, dass die Umwandlung transparent erfolgt und die gewünschten Erfolge bringt - zum Wohle der Medizin und der Beschäftigten.