DRK-Schwestern in Hamburg sind Beschäftigte zweiter Klasse, mit Vereins-Mitgliedschaft statt Arbeitsvertrag

Asklepios: Arbeit im Verein

Das Deutsche Rote Kreuz kennt schließlich jeder. Katharina Martin hatte deshalb keine Bedenken, als sie 2002 bei der DRK-Schwesternschaft Hamburg eine Ausbildung zur Krankenpflegerin begann. Skurril fand sie, dass die Schwesternschaft ein Frauen-Verein ist, der seinen Beschäftigten statt Arbeitsverträgen Mitgliederbescheinigungen ausstellt. Doch Bezahlung und Verantwortung entsprachen den tarifüblichen. "Ich war froh, einen Platz zu haben", sagt die heute 26-Jährige.

Die Probleme begannen nach der Ausbildung. Katharina Martin engagierte sich in der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV). Die Schwesternschaft kündigte ihr ohne Angabe von Gründen die Mitgliedschaft. Damit war Martin aber auch binnen Monatsfrist ihren Job los. Über einen Vertrag und daran geknüpfte Rechte als Arbeitnehmerin verfügte sie nicht.

Schutzlos und ohne Wahlrecht

Sie klagte gegen die Schwesternschaft und gegen die Asklepios Westklinikum Hamburg GmbH, in deren Krankenhaus in Hamburg-Rissen sie gearbeitet hatte. Die Schwesternschaft ist in Rissen Mitgesellschafterin und zuständig für die Ausbildung in der Krankenpflege. Darüber hinaus stellt sie per "Gestellungsvertrag" den Löwenanteil der Beschäftigten im Pflege- und Funktionsdienst, fast 300 Kräfte, die meisten weiblich und mit unsicherem Beschäftigtenstatus. Katharina Martins Fall hat einen Grundsatzstreit um den Status der DRK-Schwestern ausgelöst, der derzeit vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg ausgefochten wird (Aktenzeichen: 3 TaBV 1/07).

"Wir wollen zwei Dinge feststellen lassen", sagt der ver.di-Betriebsratsvorsitzende am Asklepios-Westklinikum, Erik Wagner-Fallasch. "Erstens: dass der Status jeder DRK-Schwester der einer Arbeitnehmerin sein muss. Zweitens: dass das Krankenhaus und die DRK-Schwesternschaft einen Betrieb bilden, für den ein gemeinsamer Betriebsrat zuständig ist." Beides ist zurzeit nicht der Fall. So werden die DRK-Schwestern zwar von Asklepios bezahlt und sind in die betrieblichen Abläufe in Rissen integriert, dürfen aber den Betriebsrat nicht mitwählen. Denn "gestellt" werden sie ja von der Schwesternschaft - als handele es sich um Leiharbeiterinnen.

"Solange es keine Konflikte gibt, stört sich niemand daran", sagt Wagner-Fallasch. Doch bei Kündigung, Versetzung, Sozialplan- oder Abfindungsverhandlungen seien die DRK-Kolleginnen schutzlos. Nicht einmal die Arbeitsgerichtsbarkeit, argumentierte unlängst die Schwesternschaft, sei zuständig für sie, Streitigkeiten könnten nur innerhalb des Vereinsrechts geltend gemacht werden. Und: Die Arbeit im Krankenhaus sei keine Arbeitnehmerleistung, sondern eine Art tatsächlicher Beitrag als Mitglied. Das ist bizarr: Männliche Krankenpfleger behandelt die DRK-Schwesternschaft nämlich sehr wohl als Angestellte, sie bekommen auch Arbeitsverträge.

Frauen im Verein, Männer mit Vertrag

Frauendiskriminierung? "Nein." Brigitte Schäfer, die stellvertretende Vereinsvorsitzende, verweist auf die Mitgliederordnung: "Wir sind ein reiner Frauenverein." Weil man auf männliche Pfleger aber nicht verzichten wolle, sei man quasi gezwungen, diesen Männern Verträge zu geben. Weswegen Frauen dieses Recht verweigert wird, erklärt Schäfer so: "Wir zwingen niemanden, bei uns Mitglied zu werden."

Vielen Krankenpflegerinnen aber bleibt keine Wahl, denn einige Häuser haben ihre Pflegedienste exklusiv der DRK-Schwesternschaft überantwortet. Drohen nämlich Konflikte oder Personalabbau, wird man die DRK-Schwestern leicht los. Ein Unternehmensvorteil. Asklepios möchte "mit Rücksicht auf das laufende Verfahren" nicht dazu Stellung nehmen.

Katharina Martin hat ihren Rechtsstreit mit einem Vergleich beendet. Sie arbeitet jetzt als Angestellte an einer anderen Asklepios-Klinik und hat die Schwesternschaft verlassen. Der Betriebsrat wünscht keine weiteren Einzelfallregelungen: "Wir hoffen auf einen verbindlichen Status für alle."