Als Aufsichtsratsmitglied der Telekom ist Michael Löffler wahrscheinlich betroffen von der Abhöraffäre bei der Telekom. Er fordert gnadenlose Aufklärung

Michael Löffler (55), freigestellter Betriebsrat der Telekom, Technische Infrastruktur (TI), Niederlassung Mitte Ost

ver.di PUBLIK | Bist Du selbst von der Abhöraktion bei der Telekom betroffen?

LÖFFLER | Dass ich möglicherweise ganz konkret davon betroffen bin, habe ich erst aus dem Handelsblatt erfahren. Dort stand auch mein Name. Zuvor sind wir schon im Aufsichtsrat informiert worden, aber ganz oberflächlich. Im Schnitt haben wir aus den Medien mehr erfahren als von den Stellen, von denen wir es eigentlich erwartet hätten. Das ist einer der Gründe, warum wir auch Strafanzeige stellen werden. Wir hoffen, dass wir endlich mehr Informationen bekommen. Es ist ja immer noch nicht bekannt, was genau geschehen ist.

ver.di PUBLIK | Was war das für ein Gefühl, den eigenen Namen in diesem Zusammenhang in der Zeitung zu lesen?

LÖFFLER | Im ersten Moment fragt man sich, wie kommt der eigene Name da herein? Wird man tatsächlich in irgendeiner Form überwacht? Davon war ich sehr überrascht. Ich bin doch ein Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Will man mir unterstellen, dass ich dem Unternehmen und damit Arbeitsplätzen schaden will? Das ist krank.

ver.di PUBLIK | Wie ist Dein persönliches Gefühl?

LÖFFLER | Persönlich getroffen fühle ich mich, auch weil ich die Dimension nicht einschätzen kann. Die Telekom hält sich da ja sehr bedeckt. Dass mag auch daran liegen, dass der Staatsanwalt mittlerweile ermittelt. Wenn man weiß, dass die erfahren wollten, wie Informationen aus dem Aufsichtsrat herauskommen, dann reichen Bewegungsprofile ja nicht annähernd. Bin ich abgehört worden? Was waren das für Zugriffe? Haben sie auch auf das Festnetz zugegriffen? Das sind die Fragen, die uns allen im Kopf herumgehen, denn das betrifft ja nicht nur mich. Und so lange man es nicht besser weiß, bleibt die Unsicherheit.

ver.di PUBLIK | Wie ist die Stimmung im Betrieb?

LÖFFLER | Da muss man zwei Gruppen unterscheiden. Die Affäre beschäftigt auch die sehr engagierten Gewerkschafter und Betriebsräte im Betrieb. Der Aufsichtsrat ist ja schon ein sehr wichtiges Gremium. Wenn man davor nicht Halt macht, fragt man sich vor Ort auch, ob nicht auch dort Aktive im Visier waren oder sind. Diejenigen, die Kundenkontakt haben, werden zum Teil konfrontiert mit sehr hässlichen Äußerungen nach dem Motto "Hört ihr mich jetzt auch ab?". Der Arbeitgeber will ihnen ständig ans Geld, und jetzt müssen sie sich auch noch dumm anpflaumen lassen. Das macht keinen Spaß.

ver.di PUBLIK | Wie geht die Aufklärung voran?

LÖFFLER | Der Vorstand beteuert, dass sehr aktiv an der Aufklärung gearbeitet wird. Wir selbst bekommen die Form der Aufklärung nicht mit. Für uns ist das alles andere als befriedigend, das ist auch eine Frage der Zeit. Wir sind den Menschen, den Kunden und den Beschäftigten, verpflichtet, dass da sehr zeitnah eine Aufklärung stattfindet. Wer hat was gemacht, in welchem Zeitraum, in welcher Dimension? Je länger sich das hinzieht, desto mehr gerät der Vorgang in Vergessenheit. Und am Konzern bleibt der Makel hängen, dass er mit sensiblen Daten nicht vernünftig umgeht. Das kann bedeuten, dass Kunden uns verlassen werden. Das können wir uns nicht leisten, auch das bezahlen am Ende die Mitarbeiter.

ver.di PUBLIK | Befürchtest Du, dass die Folgen der Affäre Stellen kosten könnten?

LÖFFLER | Wenn der Vorstandsvorsitzende der Telekom, René Obermann, betont, die Affäre werde keine Stellen kosten, halte ich das für Schönrederei. In ein, zwei Jahren wird keiner zugeben, dass ein Umsatzeinbruch auch mit diesem Vertrauensverlust zu tun haben könnte.

ver.di PUBLIK | Was erwartest Du von der Telekom?

LÖFFLER | Gnadenlose Aufklärung. Ich hoffe, dass man diejenigen bekommt, die wirklich in der Verantwortung sind - ohne Rücksicht auf Ansehen und Rang. Die sollte man auch nach den geltenden Gesetzen bestrafen. Ich hoffe nicht, dass man da so ein Bauernopfer vorschiebt, also einen, der angeblich alles zu verantworten hat. Außerdem sollte man Regeln einführen, dass das so nie wieder passiert.

ver.di PUBLIK | Fühlst Du Dich an die Stasi-Zeit erinnert?

LÖFFLER | Wann man aus der DDR kommt, fühlt man sich natürlich erinnert. Der Vergleich verbietet sich jedoch, denn das war staatsorganisiert. Da würde man auch den Stasi-Opfern nicht gerecht werden, das war eine andere Dimension. Dass man in einem so genannten demokratischen System, das ganz andere Regeln hat, etwas Ähnliches macht, das hat mich allerdings erschreckt.

Interview: Heike Langenberg