Wenn die öffentlichen Beschaffer ihre Macht nutzen, können sich die Arbeits- und Lebensbedingungen vieler Menschen verbessern

Seit Ende April gilt in Deutschland das neue Vergaberecht. Wer für den Staat einkauft, ist nun auf der sicheren Seite, wenn er von den Auftragnehmern ökologische und soziale Standards verlangt. Die öffentlichen Beschaffer müssen lediglich darauf achten, dass die Kriterien einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem gelieferten Produkt haben. So können sie zum Beispiel vorgeben, dass Kittel aus Biobaumwolle bestehen und unter nachweislich anständigen Bedingungen hergestellt wurden.

360 Milliarden Euro im Jahr gibt die öffentliche Hand jährlich für Brücken, Schubkarren und Uniformen, Kaffee, Klopapier und Kinderspielzeug aus - und dieses Jahr könnte es aufgrund der Konjunkturprogramme sogar noch etwas mehr sein. Damit ist der Staat mit Abstand der größte Einkäufer des Lan-des und hat folglich einen enormen Einfluss darauf, wie etwas produziert wird.

Am Anfang etwas mehr auszugeben, macht volkswirtschaftlich häufig Sinn. Eine McKinsey-Studie belegte Ende 2008, dass sich die Anschaffung energiesparender Computer nicht nur dank geringerer Stromkosten schnell amortisiert, sondern auch einen großen Beitrag zum Klimaschutz darstellt. Weil etwa jeder fünfte Computer hierzulande in einer Behörde oder einer anderen öffentlichen Einrichtung landet, kann der deutsche Staat außerdem massiven Druck auf die Hersteller ausüben, Arbeitsstandards einzuhalten.

Gegenwärtig schuften die Beschäftigten in einigen chinesischen Zulieferfirmen von Fujitsu-Siemens oder Dell bis zu 370 Stunden im Monat, hat eine Studie der Nichtregierungsorganisation Weed im vergangenen Jahr aufgedeckt. Das verstößt eindeutig gegen das chinesische Arbeitsrecht - und könnte durch entsprechende Vorgaben des deutschen Staates als Großabnehmer mit Sicherheit unterbunden werden. Auch bei der Beauftragung heimischer Firmen bedeutet billig oft nicht kostengünstig. "Was nützt es, wenn eine Kommune den billigsten Anbieter wählt und dann für dessen Beschäftigte den Lohn durch Hartz IV aufstocken muss?", beschreibt ver.di-Sekretär Uwe Wötzel den Zusammenhang.

Doch wer viele verschiedene Produkte für den Staat einkauft, kann unmöglich alle ökologischen und sozialen Kriterien selbst recherchieren. Deshalb muss die Bundesregierung einen Aktionsplan aufstellen, verlangt das CorA-Netzwerk - ein Zusammenschluss von etwa 40 Nichtregierungsorganisationen, zu denen auch ver.di zählt. Wie das geht, haben die Niederlande bereits vorgemacht. Dort können die öffentlichen Einkäufer auf einer Internetplattform recherchieren, worauf sie beim Einkauf jeweils achten müssen.

Annette Jensen

Praktische Hilfen und Hinweise für Beschaffer in Deutschland gibt es ab Mitte Juni auf der Internetseite www.cora-netz.de. Die von ver.di mit herausgegebene Broschüre Keine Ausbeutung mit Steuergeldern sowie der von "Weed" mit finanzieller Unterstützung von ver.di publizierte Leitfaden zur sozial-ökologischen Computerbeschaffung Buy it fair können ver.di-Mitglieder per E-Mail bei uwe.woetzel@verdi.de bestellen.