Kündigungs- und Mitbestimmungsschutz und kein Lohndumping: Das sind die Eckpunkte eines modellhaften Vertrags zur Beschäftigungssicherung, den der Betriebsrat der Stadtwerke Hannover (enercity) jetzt nach 18-monatigen Verhandlungen unterzeichnet hat. Damit genießen die rund 2 700 Stadtwerker bis 2018 Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Während Stadtwerke-Arbeitsdirektor Jochen Westerholz von "vernünftigen Kompromissen" spricht, räumt Betriebsratsvorsitzender Walter Kroll ein: "Die Forderungen des Arbeitgebers waren für uns keine leichte Kost." Knackpunkte seien die vereinbarte individuelle Leistungsbemessung von Mitarbeitern, Einkommenseinbußen beim Wegfall von Rufbereitschaften und der Wegfall der einjährigen Übernahmegarantie für die Auszubildenden gewesen. Beschäftigungssicherungsverträge gibt es bei enercity bereits seit 1999 - mit guten Erfahrungen. "Beide Seiten beharrten nicht auf ihren gesetzmäßigen Rechten und Pflichten, sondern suchten nach tragfähigen Lösungen", so ver.di-Mitglied Kroll. Auf dieser Basis konnten auch die jüngsten Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden.

Keine Kündigungen

Nur so ist es möglich, dass der Versorger bis 2020 seine Mitarbeiterzahl durch Fluktuation und Nichtwiederbesetzung auslaufender Stellen sozial verträglich auf 2 300 abbauen kann. Betriebsbedingte Kündigungen sind ausgeschlossen. Immerhin vermelden die Stadtwerke Hannover, die bundesweit zu den größten acht kommunalen Versorgern zählen, jährlich rund 100 Millionen Euro Gewinn. Nicht berührt vom neuen Vertragswerk sind Löhne und Gehälter - es gilt weiterhin der TVV für Versorgungsbetriebe, angelehnt an den TVöD. Bei Unternehmensgewinnen erhalten die Mitarbeiter eine Ergebnisbeteiligung. Aus Sicht des Betriebsrats wirkt sich der Modernisierungsdruck in dem Unternehmen auf jeden einzelnen Beschäftigten aus. Walter Kroll: "Der nun vorliegende Vertrag soll Sicherheit für in Zukunft notwendige Veränderungen geben." Und er garantiere auch die Mitbestimmung im Aufsichtsrat.

Bessere Betriebskultur

Dem Vorstand waren laut Westerholz Vereinbarungen zur Leistungstransparenz wichtig. Kroll spricht hingegen von einem "mitarbeiterorientierten Veränderungsprozess". Nötige Veränderungen habe man nie in Frage gestellt, sondern nur das "Wie". Daher laufen ab Herbst zunächst nur zwei Pilotprojekte an, um Prozesse, Strukturen und Verhalten zu optimieren. Führungskräfte sind mit eingeschlossen. Kritisch sieht die Mitarbeitervertretung jedoch den Wegfall der Übernahmegarantie schon für die ab 2011 eingestellten Azubis. Der Vorstand begründet dies mit der absehbar niedrigen Mitarbeiter-Fluktuation zwischen 2015 und 2020, weil dann für ganze Jahrgänge die Altersteilzeit ausläuft und bis zum Alter von 65 gearbeitet werden muss. Dazu Kroll: "Wir sind enttäuscht - aber bleiben am Thema dran." Fazit von Arbeitsdirektor und Betriebsrat: Den Stadtwerkern werde zwar einiges abverlangt, aber die Gegenleistung spreche für sich - sicherere, anständig bezahlte Arbeitsplätze, Fortentwicklung der Betriebskultur mit Augenmaß, dazu Offenheit und Transparenz im Umgang miteinander.