Gute Pflege will bezahlt sein. Doch trotz des jüngst vereinbarten Mindestlohns von 8,50 Euro bleibt Lohndumping durch Leiharbeit in Kliniken und Altenpflegeheimen akut. Auch kirchliche Träger bilden keine Ausnahme, im Gegenteil. In Niedersachsen und Bremen arbeiten in einigen kirchlichen Einrichtungen inzwischen bis zu 70 Prozent Leiharbeiter/innen.

"Leiharbeitskräfte werden zunehmend zur Verdrängung von Stammbeschäftigten missbraucht. Die unternehmensinterne Verleihung durch eigene Gesellschaften muss begrenzt werden", fordert ver.di-Fachsekretärin Annette Klausing und nennt zwei drastische Beispiele aus der Diakonie.

Das Stift Lilienthal der Diakonischen Altenhilfe bei Osterholz nutzt die Dienste einer eigenen Leiharbeitsfirma. Von den 450 Beschäftigten in der Altenhilfe sind mittlerweile 310 Leiharbeitnehmer. "Das sind fast 70 Prozent. Weitere 60 Beschäftigte der Leiharbeitsfirma sind in der Behindertenhilfe tätig", so Klausing. Neueinstellungen liefen nur noch über das Unternehmen. Auch die zur Diakonie gehörende Stiftung Haus Zuflucht in Soltau nutzt eine eigene Leiharbeitsfirma. Von knapp 100 Beschäftigten sind nach Angaben von Insidern etwa ein Viertel Leiharbeitskräfte.

Arbeitnehmer zweiter Klasse

Während die Stammbelegschaft nach Arbeitsvertragsrichtlinien der Evangelischen Kirche in Deutschland bezahlt wird, gilt für die anderen der Tarif des Bundesverbandes für Zeitarbeit mit Lohneinbußen bis zu 40 Prozent. Danach erhält eine examinierte Altenpflegerin mit dreijähriger Ausbildung nach zwei Beschäftigungsjahren bis zu vier Euro weniger Stundenlohn. Bei einer Altenpflegehelferin ist die Lohndifferenz sogar noch höher. Weniger Urlaub, weniger Weihnachtsgeld und keine Schichtzulagen machen Leiharbeitskräfte zu Arbeitnehmern zweiter Klasse, so die ver.di-Expertin. Dabei widerspricht nach einem Urteil des obersten evangelischen Kirchengerichtes aus dem Jahr 2006 auf Dauer angelegte Beschäftigung von Leiharbeitern den kirchlichen Grundsätzen.

Auch eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen zeigt eine rasante Zunahme der Leiharbeit in der Pflege. Zurzeit sind rund 20000 Leiharbeitnehmer in Pflegeberufen beschäftigt. In den letzten sechs Jahren ist jedoch ein überproportionaler Anstieg um mehr als das Fünffache festzustellen. Der Anteil weiblicher Beschäftigter betrage 78 Prozent.