Betriebsversammlung Mitte Oktober auf dem Flugvorfeld

Von Renate Bastian

HESSEN | Da ist sich Uwe Schramm ganz sicher: Wenn der Bodendienst "erst mal den Hammer in die Ecke schmeißt", läuft am Frankfurter Flughafen gar nichts mehr, weder am Boden noch in der Luft. "Dagegen", so der Vorsitzende der ver.di Vertrauensleute, "ist ein Fluglotsenstreik ein Kindergeburtstag." Scharfe Klarstellungen sind notwendig - das meint die Mehrzahl der betroffenen rund 6500 Beschäftigten. Schon seit Jahren verteidigen sie ihre Arbeitsplätze am Frankfurter Flughafen, kämpfen um ihre Arbeitsbedingungen und ihren Lohn. Nun liegt der Entwurf für eine neue EU-Verordnung vor, der schlimmste Befürchtungen aufkommen lässt. Aber sie werden sich wehren. Das hat das Bodenpersonal bereits Mitte Oktober mit einer außerordentlichen Betriebsversammlung auf dem Flughafengelände unter freiem Himmel gezeigt. Über 1500 nahmen teil. Und das war nur ein Vorgeschmack.

EU-Pläne völlig inakzeptabel

Dass sie hier in Frankfurt Energie entwickeln können, haben die Bodendienste schon in früheren Jahren gezeigt. Seinerzeit war es gelungen, den steten Deregulierungskurs der EU-Kommission zu stoppen.

Was aber jetzt an Plänen zur "Liberalisierung und Wettbewerbsorientierung" für die Flughäfen in den Schubläden der Europäischen Kommission griffbereit lagert, hält der hessische Fachbereichsleiter Verkehr, Gerold Schaub, schlichtweg für Wahnsinn. Die Kolleg/innen des Bodenverkehrsdienstes seien "in Angst und Schrecken" versetzt. In einem Schreiben an Kommissions-Präsident José Manuel Barroso sowie an den Vizepräsidenten und Kommissar für Verkehr nennen es ver.di und der DGB "völlig inakzeptabel", dass mit der rigorosen Marktöffnung Unternehmen freie Bahn erhalten bei "weiterer Absenkung der Löhne und Arbeitsbedingungen". Dies gilt umso mehr, als keinerlei Regelungen vorgesehen sind, die die Lage der Beschäftigten in einem deregulierten Markt sozial gestalten. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass mehrere Dienstleistungsunternehmen konkurrieren. Auch die Möglichkeit zur "Unterauftragsvergabe" nährt die düsteren Befürchtungen. Zudem soll der Bodenverkehrsdienst rechtlich ausgegliedert werden. In den Augen von ver.di bedeutet das de facto eine Zerschlagung des Flughafenunternehmens.

Dieses Paket von Maßnahmen würde nach aller Erfahrung in großem Stil Arbeitsplätze gefährden und die bisherige Interessenvertretung am Flughafen aufsprengen. Hinzu kommt, dass es sich bei Inkrafttreten um eine europäische Verordnung für die Mitgliedsstaaten handeln würde, die bindend ist. Dabei haben schon bisherige Richtlinien zur Deregulierung großen Schaden angerichtet, zu einer Zunahme von prekären Beschäftigungen, zu Lohneinbußen, Abbau von Ausbildung und Investitionen geführt. Bemerkenswert ist, dass sich der deutsche Bundesrat Mitte Juni wegen der negativen Folgen für die Arbeitnehmer gegen eine weitere Liberalisierung des Marktes für Bodendienste ausgesprochen hat.

Widerstand wird verstärkt

Sorgen bereitet ver.di, dass die Anforderungen an die Qualifikation nicht ausreichend geregelt werden sollen. Denn bei den Bodendiensten handelt es sich um verantwortliche Tätigkeiten. Da werden die anrollenden Maschinen angenommen und gesichert, da werden Gerätschaften für die Abfertigung zusammengestellt, wird die Fracht für die Flugzeuge fertig gemacht, der LKW-Transport geregelt, die Stromversorgung wird gewährleistet, Bustransport mit nicht mehr als 45 Minuten Umsteigezeit garantiert - alles, was in einem Flughafen am Boden passiert, fällt in den Arbeitsbereich dieses Dienstes. Die Beschäftigten tragen so wesentlich zur Sicherheit der Passagiere bei. Vertrauensleute und Betriebsräte werden daher alles daran setzen, den Widerstand gegen die geplante Verordnung zu verstärken, mit dem Ziel einer europäischen Betriebsversammlung.