WELT ONLINE, 10. April 2012

Die IG Metall spürt bei ihren Tarifverhandlungen Rückenwind durch den Abschluss im öffentlichen Dienst. "Ich finde, Ver.di hat eine gute Arbeit gemacht", sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Berthold Huber [...]. Im öffentlichen Dienst gebe es 4,9 Prozent mehr innerhalb von zwölf Monaten. [...] Der Abschluss im öffentlichen Dienst sei eine Mahnung an die Metall-Arbeitgeber, nicht das Maß zu verlieren. "Sie müssen erkennen, dass man nicht grenzenlos nach unten pokern kann", sagte der IG-Metall-Chef.


Immer öfter Co-Manager

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 4. April 2012

In der Tat hat ausgerechnet die schwerste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg die Auferstehung der Gewerkschaften beschleunigt. [...] Arbeitgeber und Gewerkschaften waren in der Krise überhaupt zur Zusammenarbeit fähig, weil sie in vielen Branchen den Tarifkrieg längst durch das Prinzip der Tarifpartnerschaft ersetzt hatten. Weil die Gewerkschaften pragmatischer geworden sind, haben sie schon vor der Krise mit Lohnzurückhaltung dazu beigetragen, dass die deutsche Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen konnte. Auch deshalb muss Deutschland heute keine Deindustrialisierung beklagen. Mit Öffnungsklauseln im Flächentarifvertrag haben die Gewerkschaften zudem mehr Flexibilität zugelassen, und statt streiklustiger Ideologen sitzen immer öfter Co-Manager in den obersten Etagen der Gewerkschaftszentralen und in den Betriebsräten.


Eine Frage der Ehre

BERLINER ZEITUNG, 23. MÄRZ 2012

Wer den 60-jährigen Bsirske in diesen Tagen beobachtet, der kann ihn in zwei Rollen erleben. Da ist zum einen der seit mehr als zehn Jahren amtierende Verdi-Chef, der für die zwei Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nach Jahren des Reallohnverlustes einen ordentlichen Zuschlag aushandeln will. Doch daneben meldet sich immer lauter der eloquente Systemkritiker zu Wort, der in den 80er-Jahren bei den Grünen eintrat, "weil die linker waren als die SPD", der Schröders Agenda-Reformen immer für Teufelszeug hielt und in der aktuellen Krise nun den endgültigen Beleg für das Scheitern des Neoliberalismus erkennt. Bsirskes Kunststück ist es, beide Positionen in der prägnanten Zuspitzung zu verknüpfen: "Die nächsten Milliarden für uns!" [...] Wer dem freundlich-angenehm auftretenden Verdi-Chef eine Weile zuhört, der kann der Faszination seines geschlossenen Weltbildes leicht erliegen. Die Demografie und die Globalisierung kommen darin kaum vor. Auch die Frage der politischen Umsetzbarkeit schiebt Bsirske beiseite. Vorerst gibt es im Bundestag ganz sicher keine Mehrheit für eine drastische Erhöhung der Vermögens- und Erbschaftssteuer. Die Kämmerer müssten eine Tariferhöhung im öffentlichen Dienst also aus oftmals leeren Kassen bezahlen. "Wenn wir uns diese Logik zu eigen machen, müssen wir in 20 Jahren noch Geld mitbringen, um arbeiten zu dürfen", kontert Bsirske.


Der König im Streik

EXPRESS, 22. MÄRZ 2012

Auf sein Kommando stand gestern wieder halb Köln still, auf sein Kommando warteten 20.000 Demonstranten am Heumarkt: [...] Wer ist eigentlich dieser Bsirske? Er wohnt mit seiner Frau im gutbürgerlichen Berlin-Charlottenburg, ist 100 Tage pro Jahr unterwegs. Er erhält für seine Aufsichtsratsmandate über 300.000 Euro pro Jahr, gibt 90 % an Verdi ab. Er hat keine Uhr, keinen Führerschein, trinkt keinen Kaffee, lieber Wein als Kölsch. Leidenschaften: Schwimmen ("Im Urlaub waren's 100 Kilometer in vier Wochen") - und Menschen.