heike langenberg ist Redakteurin bei ver.di PUBLIK

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, Mitglied der Mindestlohnverhinderer-Partei FDP, will den geltenden Pflege-Mindestlohn zum Maßstab der (Vertrags-)Dinge machen. Er will die Pflegekassen dazu verpflichten, nur dann Verträge mit nicht tarifgebundenen Unternehmen abzuschließen, wenn sie mindestens den Mindestlohn zahlen.

Da stutzen nicht nur die Pflegebeschäftigten. Der Haken an Bahrs Vorschlag: Bislang konnten die Pflegekassen Verträge mit nicht tarifgebundenen Anbietern abschließen, die den ortsüblichen Lohn bezahlen. Den zu ermitteln, ist zwar aufwändig, für die Beschäftigten ist es aber fairer, denn er berücksichtigt die Lebenshaltungskosten in der Region. Gibt es dort viele tarifgebundene Unternehmen, mussten sich auch die bislang nicht gebundenen Unternehmen bei der Bezahlung anpassen, wollten sie qualifiziertes Personal gewinnen. Mit seinem Vorstoß bringt Bahr das Lohngefüge der gesamten Branche kräftig ins Rutschen. Auch tarifgebundene Unternehmen werden mit den Kostenvorteilen der nicht gebundenen Konkurrenz argumentieren. Schließlich sind die Pflegekassen gehalten, mit den Beiträgen der Versicherten pfleglich umzugehen - warum sollen sie also noch Verträge mit den teureren Anbietern abschließen, wenn der Minister ihnen diese Hintertür bereitwillig öffnet?

Auch die Koalitionspartner von der Union befürworten einen Mindestlohn, wenn er ihnen gerade passt. Die Wähler/innen wollen sie mit ihrem Modell von Lohnuntergrenzen überzeugen. Gilt kein Tarifvertrag, sollen sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf eine solche Untergrenze für die Branche einigen. Verschwiegen wird bei der Union aber gerne, dass auch sie den Arbeitgebern eine Hintertür offen halten. Ist ihnen das Verhandeln mit der Kommission zu lästig, können sie mit einer Pseudogewerkschaft einen ihnen genehmen Tarifvertrag abschließen. Und so ist es auch bei diesem Vorschlag möglich, Niedriglöhne zu etablieren - ganz im Sinne der Arbeitgeber.