Seit 2010 gilt in der Pflege ein Branchenmindestlohn. 8,75 Euro erhalten die Beschäftigten mittlerweile im Westen mindestens, im Osten sind es 7,75 Euro. Wenn es nach Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) geht, sollen künftig eine Reihe von Beschäftigten auf einen Stundenlohn in dieser Höhe zurückfallen. Im Rahmen der Pflegereform will er durchsetzen, dass die Kassen mit tarifungebundenen Versorgungseinrichtungen nur noch dann Verträge abschließen dürfen, wenn sich deren Bezahlung am Mindestlohn orientiert.

"Wir haben seinerzeit bei der Großen Koalition durchgesetzt, dass die Kassen nur Versorgungsverträge mit Pflegeeinrichtungen schließen dürfen, die ihre Beschäftigten auf ortsüblichem Niveau vergüten", sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschke in einem Interview mit der ver.di-Branchenzeitung drei. Sie befürchtet, dass die Gehälter in der Branche flächendeckend ins Rutschen kommen, wenn Bahr sich durchsetzt. Wie hoch die Verluste im Einzelnen sein können, macht Paschke an einem Beispiel deutlich. So erhält eine Pflegekraft, die in einer Region arbeitet, in der Tarifverträge prägend sind, 14,95 Euro als ortsüblichen Lohn. Sie würde auf 8,75 Euro zurückfallen.

Das beste Mittel gegen Lohndumping seien Tarifverträge, sagt Paschke. Allerdings weigere sich der Arbeitgeberverband, in dem sich große Pflegeeinrichtungen zusammengeschlossen haben, mit ver.di zu verhandeln. Bei rund 16.000 Einrichtungen bundesweit sei es ein enormer Aufwand, für jede einen eigenen Tarifvertrag durchzusetzen.

"Deshalb brauchen wir einen Tarifvertrag, der allgemeinverbindlich für das gesamte Sozialwesen gilt und von allen Einrichtungen angewendet werden muss", fordert die Gewerkschafterin. Voraussetzung für die Allgemeinverbindlichkeit ist, dass mehr als 50 Prozent der Beschäftigten von dem Tarifvertrag erfasst werden. Allerdings sind knapp die Hälfte der Beschäftigten bei Einrichtungen der Diakonie und der Caritas angestellt. Diese kirchlichen Einrichtungen verweigern sich jedoch der Mitbestimmung und berufen sich auf einen dritten Weg. Daher kämpft ver.di auch juristisch dafür, dass Streiks und Tarifverträge bei diesen kirchlichen Einrichtungen zugelassen werden. hla

Das komplette Interview mit Ellen Paschke kann nachgelesen werden unter http://drei.verdi.de/2012/ausgabe-42/standpunkt/seite-3/interview

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