Per SMS zum Dienst gerufen - Beschäftigte wehren sich gegen Verfügbarkeit zu jeder Zeit Oldenburg

Oldenburg | Kein freier Tag für die Leiharbeiter der Oldenburger Nordwest-Zeitung (NWZ). Stattdessen Dienst bei Anzeigenblättern wie dem Oldenburger Hunte-Report und dem Sonntags-Report im ostfriesischen Leer, die auch zur NWZ gehören. Eventuell müssten sie "dort klingeln", damit sie auch eingelassen würden. Laut ihrem Leiharbeitsvertrag ist dieser Umgang erlaubt. "Jederzeit", heißt es dort, könnten sie anderswo eingesetzt werden. "Jederzeit" heißt in diesem Fall: Die Leiharbeiter aus dem Warnstreik herausholen. Noch während einige der Leiharbeiter mit ihren festangestellten Kollegen auf einem Streik-Spaziergang durch die City streifen, um den Menschen dort ihre Lage zu erklären, erhalten sie per Mail und SMS Nachricht von ihrem Arbeitgeber, der Leiharbeitsfirma Nordwest Personaldienstleistungsgesellschaft (NWP). Inhalt: Sie hätten sich am nächsten Tag, dem Pfingstsonnabend, bei anderen Einsatzbetrieben zu melden - auf ausdrücklichen Wunsch des "Kunden NWZ".

Leistungsverweigerung im Streikbetrieb legal

Der beschäftigt 80 seiner 400 Mitarbeiter in einem Leiharbeitsverhältnis. Und die Beschäftigten kämpfen seit Wochen für gleiche Gehälter und einen Haustarifvertrag. Bei den Warnstreiks stehen immer wieder Dutzende vor dem Pressehaus des Verlages in der Oldenburger Innenstadt und fordern auf Transparenten: "Haustarif jetzt!" Grund: Im August 2011 hatte sich die NWZ aus dem Flächentarifvertrag für Tageszeitungen verabschiedet, weil sich der Verlegerverband mit seiner Forderung nach geringeren Löhnen für Berufseinsteiger nicht hatte durchsetzen können. Seither ist der Verlag ohne Tarifbindung - und möchte im eigenen Hause eben auch die Verfügbarkeit zu jeder Zeit durchsetzen.

Die Leiharbeiter, per SMS zum Frohndienst geordert, machten allerdings von ihrem gesetzlich festgeschriebenen Leistungsverweigerungsrecht im Streikbetrieb Gebrauch. "Das ist ihr gutes Recht, denn Leiharbeiter sollen nicht als Streikbrecher missbraucht werden, so steht es im Gesetz", sagt ver.di-Fachbereichsleiter Lutz Kokemüller. Fraglich ist für ver.di-Tarifsekretär Matthias von Fintel, wie "Strafarbeit" mit den NWZ-Unternehmensgrundsätzen vereinbar sei, in denen von "wertschätzendem Umgang" die Rede ist.

Die NWZ - die größte Tageszeitung im nordwestlichen Niedersachsen - hat schon vor Jahren eine eigene Leiharbeitsfirma gegründet, die bereits erwähnte NWP. Ihre Beschäftigten im Verlag verdienen deutlich schlechter, obwohl sie die gleiche Arbeit leisten wie die Stammbelegschaft. Sie erhalten bis zu 2000 Euro weniger Brutto. Deshalb fordern sie: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit - auch bei der NWZ. Qualität hat ihren Preis."