Die Bundesregierung schönt den aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht - auf Druck der FDP. Den wirklich Armen wird nichts geschenkt, nicht einmal ein ordentlicher Bericht

Deutschland gehe es "so gut wie nie zuvor in seiner Geschichte", sagte der amtierende Vize-Kanzler und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, FDP, Ende November - und wollte damit rechtfertigen, dass soeben der Armutsbericht der Bundesregierung radikal auf schön gebürstet worden war. Klare Sätze zu der ungleichen Vermögensverteilung in Deutschland und zum wachsenden Auseinanderklaffen oberer und unterer Einkommen wurden im Zuge der Abstimmung des Berichts innerhalb der schwarz-gelben Bundesregierung komplett gestrichen, andere Passagen zu Armut und Reichtum im Land durch den Einbau von Worthülsen entschärft und vernebelt.

Schon als der Entwurf des dritten Armuts- und Reichtumsberichts, den die Bundesregierung alle vier Jahre vorlegen muss, Ende September öffentlich wurde, setzte es Empörung vor allem aus den Reihen der FDP, des kleineren Koalitionspartners. Erarbeitet worden war der Entwurf im Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter Verantwortung von Ministerin Ursula von der Leyen, CDU. Darin hatte es noch geheißen, die Bundesregierung werde prüfen, inwieweit "privater Reichtum für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden" könne. Das sei absolut "nicht zustimmungsfähig", drohte FDP-Mann Rösler umgehend, und dabei sollte es nicht bleiben. Gestrichen wurde auch die erfrischend klare Feststellung: "Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt." Mitnichten eine Übertreibung, wie die aktuellen Zahlen aus dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung belegen: 10 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland besitzen rund zwei Drittel des gesamten Nettovermögens. Die Reichsten im Land, nur ein Prozent der erwachsenen Bevölkerung, besitzen 2,6 Billionen Euro.

Ersatzlos aus dem Bericht herausgestrichen wurde auch der Satz: "Allerdings arbeiteten im Jahr 2010 in Deutschland knapp über vier Millionen Menschen für einen Bruttostundenlohn von unter sieben Euro." Ebenso gestrichen der Verweis darauf, dass die Spreizung der Einkommen weiter zugenommen hat.

All das hat offenbar in einem regierungsamtlichen Armuts- und Reichtumsbericht nichts zu suchen, denn, so wiederum FDP-Spitzenpolitiker Rösler, das könnte "den Eindruck vermitteln, es würde den Menschen schlecht gehen, wir hätten soziale Unruhen, was auch immer, dann wird das der falsche Eindruck sein". Denn schließlich geht es uns Röslers Meinung nach ja "so gut wie nie zuvor".