Die 15 aus dem Norden vor dem Tor zur Gedenkstätte Buchenwald

Ist Buchenwald ein Ort des Erinnerns und Gedenkens oder die Grenze des Verstehbaren? Jedes Land, in dem das politische Massenmorden möglich gewesen ist, braucht auch Stätten, an denen dieser Geschehnisse gedacht werden kann. Buchenwald ist solch ein Ort, an dem die Menschenvernichtung aus rassistisch-ideologischen Gründen und die Systematik des Vorgehens jungen Menschen veranschaulicht wird. Was es heißt, die Spuren der Vergangenheit aufzunehmen, haben 15 Auszubildende aus dem Landesbezirk vom 28. Oktober bis 1. November 2013 im ehemaligen Konzentrationslager erlebt.

Von der Gegenwart der Geschichte

Fünf Tage lang hatten die jungen Teilnehmer/innen vielfältige Möglichkeiten, sich dem Thema zu nähern, eigene Fragestellungen zu verfolgen und sich intensiv mit einem Schwerpunkt aus- einanderzusetzen. Eine Gruppe beschäftigte sich mit dem Leben von Kindern und Jugendlichen im Lager. Eine andere machte sich auf Spurensuche nach dem Widerstand der Lagerinsassen und der Solidarität unter den Häftlingen. In der Flut von Informationen bot die Beschränkung auf ein Thema die Chance, einen Blickwinkel einzunehmen und von ihm aus die Ereignisse während des Nationalsozialismus nachzuverfolgen und nachzuempfinden. Durch das eigenständige Bearbeiten eines Themas in Projekten wie Artikel & Fotografie, Video, Rollenspiel und Comic, eigneten sich die Teilnehmer/innen Spezialwissen an, das sie mit ihrer Gruppe den anderen präsentieren und im Plenum diskutieren konnten. Auch, um das Erlebte zu verarbeiten und im Nachgang im Betrieb und in der Schule mitzuteilen.

Radio Lotte Weimar

Abgerundet wurde die Buchenwald-Exkursion am 31. Oktober mit einem Live-Auftritt beim Stadtradio Lotte Weimar. In der Sendung Die Jahre weiß man nicht... sprachen einige der Auszubildenden über sich, ihre Beweggründe, an der Fahrt teilzunehmen, und ihre Eindrücke von Buchenwald (www.radio-lotte.de). Gewiss erweiterten alle bei ihrem Besuch in Weimar ihr Geschichtswissen, Geschichte war indessen auch hautnah bei der Spurensuche nach Zeitdokumenten zu spüren; in freigelegten Fundstücken, die sie in der Restaurationswerkstatt bearbeiteten.

Neben der Erkundung der Gedenkstätte lernten die Auszubildenden in abwechslungsreichen Stadtrundgängen durch Weimar eine lebensfrohe Stadt aus einer Epoche der Dichter und Denker mit einer ebenso unbegreiflichen Vergangenheit kennen, die nur wenige Kilometer von Buchenwald entfernt liegt. Diesen Ort zu erleben, mitzufühlen, zu erinnern und zu gedenken, aber auch "dicht zu machen", weil es gelegentlich nicht aushaltbar scheint, all dies wird wohl das künftige Denken und vielleicht auch das Handeln prägen.

Der Stellenwert von Freiheit und Demokratie wird persönlich besonders bedeutsam, wenn die Ablehnung dieser Werte erfahrbar ist. Die Eindrücke aus Buchenwald haben gezeigt, wie wichtig es ist, weiterhin für ein demokratisches Grundverständnis einzustehen und auf jede Form von Rassismus zu reagieren. Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern, die Gegenwart schon.

Volkan Dinc: "An diesem Ort wird Geschichte spürbar"

Volkan Dinc, Post Hamburg- Zentrum: "Wer annähernd verstehen möchte, muss an den Ort gehen, wo das Schreckliche passiert ist. Es ist wichtig, in Buchenwald gewesen zu sein, aber man sollte dort nicht alleine sein, denn aus der Erfahrung, die ich in fünf Tagen gemacht habe, kann ich sagen: Es ist wichtig, über die am Tage erlebten Dinge abends mit Leuten zu reden, die das Gleiche erlebt haben, um das, was in Buchenwald geschah, zu verkraften. Verstehen tue ich es nicht.

Ich kann mich dem, was Faschismus bedeutet, und was zu Buchenwald geführt hat, nur annähern und mich damit und mit mir auseinandersetzen. Insgesamt war die Fahrt nach Buchenwald ein interessanter, aber auch trauriger, und vor allem ein sehr lehrreicher Aufenthalt für mich und für die gesamte Gruppe. Auch wenn die Natur den Ort des Geschehens überwuchert, in unseren Köpfen dürfen Orte wie Buchenwald nie verschwinden. Auf der Straße, bei der Arbeit, in der Schule, überall."