TARIFPOLITIK

Er gab den Anstoß: Frank Kerber an seinem Arbeitstisch

Frank Kerber ist immer noch amüsiert, wenn er beschreibt, wie es im Berufsbildungswerk vor zwei Jahren in Sachen Tarifvertrag begann. Er rief bei ver.di in Dresden an und fragte, was zu tun sei, damit ver.di mit der Geschäftsführung Tarifverhandlungen aufnehmen könne. Eine Gewerkschaftsgruppe müsse gegründet werden, erfuhr er. Seine Antwort: "Ich bin jetzt die Gewerkschaftsgruppe."

Nun begann die eigentliche Arbeit: herauszufinden, wer von seinen Kolleg/innen in ver.di organisiert ist - das waren nicht viele. Gemeinsam Mitglieder zu werben und in Gesprächen zu erfahren, mit welchen Problemen das Kollegium zu tun hat, was es ändern wollte. Man war sich schnell einig: eine höhere und gerechtere Bezahlung und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Frank Kerber bildet seit 1998 benachteiligte Jugendliche mit körperlichen und psychischen Einschränkungen in einer dreijährigen Lehrzeit zu Bauzeichnern aus. Das geht von der Einzelausbildung bis zu einer Ausbildungsgruppe mit zehn jungen Leuten. Das Berufsbildungswerk in Dresden gehört mit seinen 150 Mitarbeiter/innen zum Berufsbildungswerk Sachsen und dieses zur Stiftung Rehabilitation Heidelberg (SRH). In den ersten Jahren seiner Tätigkeit hatten es Frank Kerber und seine Kolleg/innen vor allem mit Jugendlichen mit körperlichen Einschränkungen zu tun. Im Laufe der Zeit vergrößerte sich die Zahl derer, die vor allem mit psychischen Beeinträchtigungen leben. Der Wunsch nach Weiterbildung und einer engeren Zusammenarbeit mit Psychologen, Ärzten und Therapeuten wuchs unter den Kollegen. So richtig wusste keiner vom anderen.

Erste Verhandlungen ohne Ergebnisse

Seit 1998 hatte sich zudem die Geschäftsführung von tariflichen Regelungen verabschiedet, die Jahressonderzahlungen wurden eingestellt, der Urlaub von 30 auf 26 Tage gekürzt. Unter den Ausbildern gab es eine Gehaltsspanne von 1 600 Euro bis zu 3 000 Euro für vergleichbare Tätigkeiten. Als das vielen Beschäftigten klar wurde, wuchs auch die Bereitschaft, etwas zu tun. Ende 2012 gab es eine ver.di-Betriebsgruppe mit bereits 66 Mitgliedern, eine Tarifkommission wurde gewählt und die Geschäftsführung zu Verhandlungen aufgefordert. Diese zogen sich dann fast ein Jahr hin - ohne akzeptable Ergebnisse.

Zu den Forderungen gehören: eine der Tätigkeit entsprechende Eingruppierung und Bezahlung, 30 Tage Urlaub, Jahressonderzahlungen und eine teilnehmerfreie Zeit in der Ausbildung. Damit ist die Zeit für die Ausbilder gemeint, die sie zur Vor- und Nachbereitung benötigen.

Mit Geschlossenheit und Entschlossenheit zum Ziel

Die inzwischen auf 106 Mitglieder gewachsene Betriebsgruppe wollte dann zu Beginn dieses Jahres Einigkeit zeigen und einen Fortschritt in den Verhandlungen erreichen. Am 22. Januar erregten sie mit einem 24-stündigen Warnstreik nicht nur viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, die Geschäftsführung war ob der Geschlossenheit und Entschlossenheit der Streikenden beeindruckt. Nach langen Jahren der Tariflosigkeit soll nun im März ein guter Abschluss besiegelt werden. Das ist ein Erfolg aller Beteiligten mit der ver.di-Betriebsgruppe, den Gewerkschaftssekretären vom Bezirk Dresden-Oberelbe und dem Landesfachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung.

Frank Kerber ist richtig stolz, was sich unter den Beschäftigten in den vergangenen zwei Jahren entwickelt hat: "Heute weiß ich viel mehr über meine Kolleg/innen Erzieher, Psychologen, Krankenschwestern, Physiotherapeuten, Heilpädagogen, berufliche Trainer und und und. Es entwickelte sich unter uns ein Gemeinschaftsgefühl, ein viel größeres Ziehen-an-einem-Strang. Viele von uns empfinden es genau so und bestätigen es mir auch."