Noch nicht einmal zwei Monate galt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland, da stellte die CSU offiziell grundlegende Elemente des Gesetzes in Frage. In einem Brief an Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, SPD, klagte die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, bereits Anfang Februar über "bürokratische Belastungen", die "auf das absolut Notwendige" reduziert werden müssten. Damit meint sie unter anderem die Verpflichtung, die Arbeitszeit aufzuzeichnen.

Dabei ist es seit vielen Jahren üblich, die Arbeitsdauer der Beschäftigten festzuhalten, das geht sogar problemlos mit Stift und Papier. Früher haben das die Arbeitgeber immer wieder gefordert, damit sie ihren Mitarbeiter/innen auch ja keinen Cent oder Pfenning zu viel zahlen mussten. Heute wird die Aufzeichnungspflicht als unzumutbare Aufgabe ins Gegenteil verkehrt. Der Hintergrund: Ohne ein genaues Festhalten der geleisteten Stunden ist es möglich, die Zahlung von 8,50 Euro pro Stunde zu drücken. Wird die vorab vereinbarte Arbeitszeit überschritten, kann der Beschäftigte das nur schwer nachweisen und rutscht mit seinem Stundendurchschnitt schnell unter die gesetzlich vorgeschriebenen 8,50 Euro pro Stunde.

Prüfen nur mit Aufzeichnung

Ob jeder erhält, war ihm zusteht, kann die zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls ohne Aufzeichnungspflicht jedenfalls nicht überprüfen. Soll sie womöglich auch gar nicht, wenn es nach der CSU geht. Hasselfeldt schlägt vor, den geplanten und dringend notwenigen Personalaufbau des Zolls zu überdenken. Gleichzeitig macht sich die Politikerin dafür stark, Minijobs von der Dokumentationspflicht auszunehmen, die Ausnahmeregelungen für Zusteller/innen und bei Praktika auszuweiten und die Auftragsgeberhaftung einzuschränken, wenn Teile eines Auftrags an Subunternehmer weitergegeben werden.

Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske kündigte energischen Widerstand gegen Versuche an, den gesetzlichen Mindestlohn durch die Hintertür einzuschränken. Dazu hätten die Gewerkschaften zu lange kämpfen müssen, um ihn durchzusetzen. "Der Mindestlohn war ein historischer Erfolg für die Gewerkschaftsbewegung", sagte der ver.di-Vorsitzende. Jetzt müsse man dafür sorgen, dass er eingehalten wird. Die Pläne der CSU bezeichnete er als "Generalangriff", sie stünden für den Versuch einer Aushöhlung des Gesetzes. hla

Rat und Hilfe

Der DGB hat eine Hotline für alle Fragen rund um den gesetzlichen Mindestlohn geschaltet. Sie ist zum Festnetztarif zu erreichen unter der Rufnummer 0391 / 4088003, montags bis freitags von 7 bis 20 Uhr, samstags von 9 bis 16 Uhr. ver.di-Mitglieder bekommen Rat und Hilfe auch in den ver.di-Geschäftsstellen.