Solange wir können

Best Exotic Marigold Hotel 2 - Die englische Rente reicht noch nicht mal für eine einfache Seniorenunterkunft? Indien bietet die rettende Alternative, eine Palastruine als Rentnerresidenz. Doch die in die Exotik exportierten Seniorinnen und Senioren sind ständig am Meckern. Über ihre Zimmer (mit Tauben darin), das Essen (zu scharf), die Inder als solche (zu optimistisch, zu laut, zu bunt). Die Mischung aus Melodram und Komödie um die Silver Surfer im Best Exotic Marigold Hotel wurde 2011 zum Überraschungshit. Also lohnt es sich für die Filmproduktionsfirma, uns einen Nachfolger anzubieten.

Erneut geht es um den Trupp prekärer und einsamer Rentner, die sich in der heißen quirligen Millionenmetropole Jaipur einzuleben versuchen. Mittlerweile haben sich selbst die Griesgrame unter ihnen in der Hotelruine wohlig eingerichtet. Dennoch ist Best Exotic Marigold Hotel 2 realistischer, zeigt Krankheit, Hoffungsverlust und die Barrieren der kulturellen Unterschiede. John Madden (64), Regisseur beider Filme, will uns aber nicht belasten, sondern mit einer intelligenten Variante des Originals unterhalten. So wird die britische Traumbesetzung Maggi Smith (80), Judi Dench (80), Celia Imrie (62) und Bill Nighy (64) um US-Star Richard Gere (64) ergänzt. Gere spielt den flirtenden Touristen und gleichzeitig einen knallharten Hoteltester. Denn das Marigold will sich einen Ableger vor Ort aufbauen. Ein weiteres Auslandsseniorendomizil, das jetzt aber von einem US-Hotelmagnaten (David Strathairn, 66) geschluckt werden soll, der das große Geschäft wittert.

Während der Hoteltester als Schlitzohr enttarnt wird, geht die Besatzung des Best Exotic Marigold ihrem Tagewerk nach. Aus der uralten Ex-Kinderfrau ist die Co-Managerin des Hotels geworden, die den vor Ideen sprühenden jungen Hotelruinenbesitzer an Dummheiten hindert. Der munter lügende Hallodri des Trupps ist inzwischen der Manager seiner Lieblingskneipe, einem Club der Möchtegerns und Maharadschas. Dort soll sich die sexuell aktivste Seniorin zwischen zwei Männern entscheiden, möchte aber dennoch weiter ihren abwechslungsreichen Lebensabend genießen. Nach ihrem Berufseinstieg als Callcenter-Gesprächsführungsberaterin mausert sich Witwe Evelyn diesmal zur Stoffeinkäuferin einer Firma: "Wie viele neue Leben kann man haben? So viele wir wollen. Solange wir können." Das Filmteam hinter und vor der Kamera präsentiert so zum zweiten Mal seine Alten in unanfechtbaren Hauptrollen. Stars als Rentner, Rentner als Stars. Möge das Marigold Zimmerreservierungen annehmen. Jutta Vahrson

GB/IN/USA 2014, R: JOHN MADDEN. D: MAGGI SMITH, JUDI DENCH, CELIA IMRIE, BILL NIGHY, DEV PATEL, RICHARD GERE, PENELOPE WILTON, LILLETTE DUBEY, DAVID STRATHAIRN, 122 MIN., KINOSTART: 2.4.15


Zu Ende ist alles erst am Schluss - Ein Film wie ein Selbsttest. Was möchte man im hohen Alter erleben? A: Eine letzte Reise in ein Meeresstädtchen der Bretagne? B: In einem Pariser Seniorenheim auf die miesen Tiergemälde eines ehemaligen Insassen starren? Madeleines Wünsche werden ignoriert, ihre Wohnung verkauft und sie selbst in die sterbenslangweilige Altersresidenz mit Depressionsgarantie abgeschoben. Heimlich verschwindet sie aus diesem Seniorenterror. Ihre drei Söhne, 60-Plus-Männer in Pensionierungskrisen, befinden sich in Dauerpanik. Ihr Enkel jedoch ist zwar ratlos, was seine Berufswahl angeht, doch seine Großmutter sucht und findet er auf Anhieb im bretonischen Étretat, dem Ort ihrer Kindheit. In einem Boutiquehotel über der Brandung, so dramatisch schön wie diese Flucht nach vorn. Beim Besuch in ihrer alten Grundschule wird Madeleine zur Zeitzeugin für erstaunte Sechsjährige. Die Verfilmung des Familienromans von David Foenkinos, Les Souvenirs, erzählt die realen Probleme der Generationen mit Romantik und mit Skurrilität. Denn sowohl Madeleines pensionierter Sohn als auch ihr jobbender Enkel werden mit der Hilfe eines wahrsagenden Tankstellenangestellten die große Liebe (wieder)finden. Jutta Vahrson

F 2014, R: JEAN-PAUL ROUVE. D: ANNIE CORDY, MATHIEU SPINOSI, MICHEL BLANC, CHANTAL LAUBY, 92 MIN., KINOSTART: 26.3.15


A Most Violent Year - Abel ist aus Südamerika nach New York eingewandert, mit einer eigenen Heizölfirma will er sich den amerikanischen Traum erfüllen. Der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig: 1981, zu Beginn der Reagan-Ära, steigt die Kriminalität gerade rapide an. Unweigerlich gerät der Geschäftsmann ins Fadenkreuz raffgieriger Konkurrenten und gewaltbereiter Gangster, seine Tanklaster werden überfallen, seine Mitarbeiter verängstigt. Aber auch seine Bank bringt ihn in die Bredouille, zieht einen millionenschweren Kredit, der ihm ein Grundstück mit großem Standortvorteil sichern sollte, kurzerhand zurück. J.C. Chandor entwickelt aus dieser prekären Konstellation einen packenden, temporeichen Krimi mit nervenaufreibenden Verfolgungsjagden und einem Helden, an dem man sich ein Beispiel nehmen kann, weil er allen Widrigkeiten trotzt. Ausnahmsweise sind in dieser optimistischen Aufsteigergeschichte einmal keine utopischen, übermenschlichen Kräfte im Spiel. Allein Besonnenheit, Zähigkeit, Mut und Cleverness bringen den Einzelkämpfer an sein Ziel. Kirsten Liese

USA 2015. REGIE: J. C. CHANDOR. D: OSCAR ISAAC, JESSICA CHASTAIN, ALBERT BROOKS, U. A., 125 MIN. KINOSTART: 19.3.15