Henrik Müller ist Redakteur bei ver.di publik

"Kernaufgabe der Gewerkschaften bleibt der Einsatz für Arbeitnehmerinteressen" - eigentlich eine Binsenweisheit, aber erfreulich ist, diese Feststellung auch in einer gemeinsamen Erklärung der acht führenden deutschen Umweltschutzverbände zu lesen. Allerdings verbunden mit Kritik an ver.di und der Bergbau-Gewerkschaft, weil die zu Protesten gegen den geplanten "Strafzoll" für ältere Kohlekraftwerke aufgerufen hatten. Dazu trafen sich am 25. April 15.000 gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte aus der Braunkohle in Berlin vor dem Kanzleramt und demonstrierten gegen drohende soziale Strukturbrüche in den rheinischen Kohlerevieren und denen der Lausitz.

Ihr Einsatz galt aber auch den richtigen Weichenstellungen in der Energiewende. Nach wie vor gibt es nämlich kein schlüssiges Konzept, sondern nur Schnellschüsse in Form von Einzelmaßnahmen, bei denen die Beschäftigten-Interessen insbesondere im Braunkohle-Bergbau und in den Braunkohle-Kraftwerken unter die Räder zu geraten drohen. Mit der geplanten Sonderabgabe für ältere Kohlekraftwerke greift der Bundeswirtschaftminister zur Brechstange, um die notwendige Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes zu erreichen. Das hätte aber in seiner Kurzfristigkeit und Kurzsichtigkeit existenzielle Folgen für die Beschäftigten und ihre Familien. Dabei gibt es im Interesse des Klimaschutzes, dessen Dringlichkeit gar nicht zu bestreiten ist, laut Experten Alternativen, etwa den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, der im Jahr 2020 zur Einsparung von 20 bis 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid führen würde.

Gut, dass der Bundeswirtschaftsminister in dieser Frage Gesprächsbereitschaft signalisiert. Und die Umweltverbände haben versprochen, die Gewerkschaften dabei zu unterstützen, "die anstehenden Veränderungen im Energiesektor im Interesse der Beschäftigten sozialverträglich und gerecht zu gestalten". Wenn sie das engagiert in die Tat umsetzen und der Wirtschaftsminister sich bei der Kraft-Wärme-Kopplung tatsächlich bewegt, dann wären wir mit diesem "Gemeinschaftsprojekt Energiewende", wie Greenpeace & Co. es nennen, schon ein gutes Stück weiter.

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