Postzusteller/innen streiken

Verträge werden abgeschlossen, damit sie eingehalten werden. Das wussten schon die alten Römer vor 2000 Jahren. Die Deutsche Post AG scheint aber zu glauben, ein Vertrag mit ver.di sei ein Katalog der Möglichkeiten, aus dem sie für sich die Rosinen picken könne. Denn entgegen einer Vereinbarung, die noch bis Ende dieses Jahres gültig ist, werden in der Brief- und Paketzustellung Tochtergesellschaften gegründet - mit schlechteren Bedingungen für die Beschäftigten. ver.di bezeichnet das als Bruch des Vertrags gegen Fremdvergabe und Flucht aus dem Haustarifvertrag. Diesen Schutz vor Ausgliederung hatten die Beschäftigten mit einem abgesenkten Einstiegsgehalt und dem Verzicht auf freie Tage bezahlt.

Nun werden vor allem befristet Beschäftigte vor die Wahl gestellt, niedrigere Tarife, den Verlust der Altersversorgung und der betrieblichen Interessenvertretung in Kauf zu nehmen - oder in die Arbeitslosigkeit zu gehen. "Das macht uns Postler richtig sauer", erklärt Tiny Hobbs, Betriebsrat und Vertrauensmann in der Niederlassung Frankfurt. "Unsere Arbeit soll immer schneller und immer billiger werden. Früher gab es einmal ein Grundvertrauen, ja fast eine Postfamilie. Heute werden wir wieder und wieder enttäuscht."

Deshalb ist die Bereitschaft groß, sich zur Wehr zu setzen. Am 1. und 2. April beteiligten sich in Hessen 2300 Beschäftigte an Streiks, zu denen ver.di aufgerufen hatte. Betroffen waren Brief- und Paketzustellung in Frankfurt, Offenbach, Darmstadt, Wiesbaden, Rüsselsheim, Hattersheim, Kelkheim, Bad Soden, Geisenheim, Rodgau, Hanau, Oberursel, Aschaffenburg, Weiterstadt, Höchst im Odenwald, Münster, Riedstadt, Bad Camberg, Idstein und Limburg. Dadurch blieben rund 1,5 Millionen Briefe und 70.000 Paketsendungen zunächst liegen. Die Forderung der Streikenden: Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich. So sollen Arbeitsplätze gesichert und mehr Qualität der Arbeit erreicht werden - es ist zudem ein gesellschaftspolitisches Zeichen. Und 61 neue Gewerkschaftsmitglieder konnten gewonnen werden. reb