Die Internationale der öffentlichen Dienste steht für gute öffentliche Dienstleistungen, überall auf der Welt. Auch ver.di gehört zu dem Zusammenschluss hunderter Gewerkschaften

Auch so kann Wasserversorgung aussehen - in Jakarta. 17 Jahre lang war die Wasserversorgung dort privatisiert

Für Daniel Bertossa ist die Sache klar: "Viele Menschen verfügen nicht über eigenen Wohlstand. Sie haben nur den Staat." Dafür, dass ihnen qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen erhalten bleiben, setzt der Australier sich ein. Hauptberuflich, denn er arbeitet bei der Internationalen der öffentlichen Dienste (IÖD), einem weltweiten Zusammenschluss von 669 Gewerkschaften. ver.di ist eine von ihnen. Aber er macht das auch aus Berufung, wie Bertossa sagt. Er stamme aus einfachen Verhältnissen und wisse, wie wichtig öffentliche Dienstleistungen wie etwa Bildung seien.

Doch wie verteidigt man weltweit öffentliche Dienstleistungen? Eine Stellschraube ist deren Finanzierung. Gerade hat Bertossa, der nicht nur für die politische Planung der IÖD, sondern auch für ihre Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist, eine Pressemitteilung herausgegeben. Darin prangert die Organisation an, dass McDonald's sich zwischen 2009 und 2013 um die Zahlung von rund 1,6 Milliarden Euro Steuern gedrückt hat - unter anderem durch ein ausgedehntes Netz an Tochtergesellschaften in Steueroasen. 1,6 Milliarden Euro, die öffentlichen Haushalten fehlen.

Missstände aufdecken

Die IÖD vergibt Forschungs- und Rechercheaufträge an Wissenschaftler oder kritische Journalisten, deckt damit solche Missstände auf und macht die Erkenntnisse öffentlich. "Wir legen uns mit großen Unternehmen an, gemeinsam mit unseren Mitgliedsgewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. So bauen wir öffentlichen Druck auf Unternehmen und Politik auf", sagt Bertossa. Es sei ja nicht so, dass das Geld für öffentliche Dienstleistungen fehle. Die Steuern müssten nur erhoben werden - insbesondere bei Wohlhabenden und multinationalen Unternehmen, die die Lücken in den nationalen Steuersystemen zu ihrem Vorteil zu nutzen wissen.

Trotz unterschiedlicher Sprachen, Kulturen und Mentalitäten unterscheiden sich die Probleme im öffentlichen Dienst weltweit nicht wesentlich. "Wir stellen in allen Ländern, egal in welcher wirtschaftlichen Lage sie sind, einen Wechsel im wirtschaftlichen Herangehen fest", sagt die Generalsekretärin der IÖD, Rosa Pavanelli. Da sich öffentliche Dienstleistungen nur schlecht verlagern lassen, werde stattdessen privatisiert - auch mit der Folge, dass Löhne gesenkt und Arbeitsbedingungen verschlechtert werden. Damit sei man beim ureigenen Geschäft von Gewerkschaften.

Hilfe zur Selbsthilfe: Wasser in Indonesien

Ein Bereich, in dem in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viel privatisiert worden ist, ist die Ver- und Entsorgung, also die Energie- und Wasserversorgung sowie die Abfallentsorgung. Pavanellis Stellvertreter David Boys berichtet, wie Länder durch die Weltbank unter Druck gesetzt werden, ihre Infrastruktur in Öffentlich-Privaten-Partnerschaften aufzubauen, von denen nur die privaten Investoren profitieren. "Der private Sektor schaut nur nach dem größten Gewinn für sich selbst, er scheut daher Innovationen", sagt Boys. Trends wie diese müsse die IÖD erkennen und ihre Mitglieder auf drohende Gefahren hinweisen. Boys kennt aus vielen Ländern Beispiele dafür, dass die Versorgung nach der Privatisierung schlechter und vor allem teurer geworden ist. Die IÖD sammelt diese Berichte, liefert ihren Mitgliedsgewerkschaften Argumente und hilft ihnen, sich zu vernetzen - eine Art Hilfe zur Selbsthilfe.

Dass die funktioniert, zeigte sich in Indonesien. In der Hauptstadt Jakarta war die Wasserversorgung durch ein internationales Konsortium übernommenworden. Nach 17 Jahren wurde die Privatisierung jetzt durch ein Gerichtsurteil gestoppt. Die Gewerkschaften hatten in einem Bündnis gegen die Privatisierung mitgearbeitet.

"Politik und Unternehmen stecken die Gewerkschaften gern in die Kiste derjenigen, die nur für Tarifverhandlungen zuständig sind. Dort wollen wir sie rausholen. Sie sollen sich auch politisch einmischen", sagt Boys, der aus Kanada stammt und lange für die amerikanische Gewerkschaft SEIU gearbeitet hat.

Schutzschild Gewerkschaft

Immer noch gibt es viele Länder, in denen die Beschäftigten keine oder nur eingeschränkte Rechte haben, sich gewerkschaftlich zu organisieren und ihre Forderungen durchzusetzen. So ist es in einigen indischen Bundesstaaten den Busfahrern und Krankenschwestern verboten zu streiken. In Swasiland wurden Gewerkschaften von der Regierung nicht anerkannt. Daraufhin initiierte die IÖD eine Kampagne, traf sich mit Regierungsvertretern, ermunterte ihre Mitglieder, Protestbriefe an die Regierung zu schreiben, unterstützte die vorhandenen Gewerkschaften. Und hatte damit letztlich Erfolg.

Über die IÖD bekam ver.di auch Kontakt zu der kolumbianischen Gewerkschaft Asodefensa. In dem Land wurden zahlreiche Gewerkschafter/innen ermordet. "Die Präsenz von ver.di in Kolumbien stärkt uns und bildet einen Schutzschild für unser Leben", beschrieb die Präsidentin der Gewerkschaft, Maria Clara Baquero, 2011 den Effekt der Unterstützung durch ver.di.

Alarmiert durch Ebola

Gerade mal 25 Beschäftigte arbeiten in der IÖD-Zentrale im französischen Ferney-Voltaire, weitere 45 weltweit in Regionalbüros. In Frankreich residiert die IÖD unauffällig in der zweiten Etage eines kleinen Einkaufszentrums. Standortvorteil ist die Nähe zum Genfer Flughafen und zu den internationalen Organisationen, die in der zweitgrößten Stadt der Schweiz ihren Sitz haben. Denn auch bei ihnen betreibt die IÖD eine Art Lobbyarbeit im Sinne der Beschäftigten. Und die wird zunehmend anerkannt.

Als Beispiel nennt Odile Frank, die den Gesundheitssektor betreut, dass die IÖD im Gesundheitsausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mittlerweile einen festen Platz hat und nicht mehr nur bei Anhörungen ihre Stellungnahme abgeben darf. Dort kann sie Einfluss nehmen auf Empfehlungen, deren Umsetzung sich oft auf die Arbeitsbedingungen weltweit auswirken. "Das kann nur die IÖD machen, keine einzelne Gewerkschaft", sagt die Französin.

Einen großen Teil ihrer Arbeitszeit hat sie in den vergangenen Monaten dem Kampf gegen Ebola gewidmet. Als eine der ersten Organisationen hatte die IÖD bereits im Frühjahr 2014 vor der Ausbreitung der Krankheit und den Folgen gewarnt. Alarmiert wurde sie durch Gewerkschafterinnen aus Liberia. Sie haben den Tod von Kolleginnen beklagt, die in Krankenhäusern Erkrankte versorgt hatten. Bis heute sind nachweislich 507 Gewerkschafter/innen gestorben, die sich bei ihrer Arbeit angesteckt haben. Auch Odile Frank arbeitet mit Vernetzung, Aktionen vor Ort und öffentlichem Druck. Für sie wirft die Ausbreitung der Krankheit ein schlechtes Licht auf den Zustand der Gesundheitssysteme und den öffentlichen Dienst. Durch Privatisierung und Sparmaßnahmen seien sie nicht mehr in der Lage, auf derartige Epidemien zu reagieren, es fehle an Ausstattung und Vorsorge. In Liberia seien Gewerkschaften im öffentlichen Dienst gar nicht erst zugelassen. Deswegen hat die IÖD eine auf zwei Jahre angelegte Kampagne zu Ebola ins Leben gerufen.

Auch bei Naturkatastrophen sind die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes besonders gefordert, ob bei der Krankenversorgung, in Hilfsdiensten, Feuerwehren oder in der Verwaltung, die Hilfsmaßnahmen koordiniert. Da zeigten sich dann oft die Folgen von Sparmaßnahmen und Privatisierung, sagt Rosa Pavenelli. Deswegen richtete die IÖD einen internationalen Arbeitskreis ein. Pavenelli selbst hat schon auf Einladung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, bei einer UN-Sitzung die Sicht der Beschäftigten dazu dargelegt. Und erklärt, wie wichtig öffentliche Dienstleistungen und gute Arbeitsbedingungen für alle sind.

Internationale der öffentlichen Dienste (IÖD)

Die IÖD hat die Welt für sich in vier Regionen unterteilt: Afrikanische und arabische Länder, Asien-Pazifik, Europa und Inter-Amerika. In den Regionen gibt es jeweils Büros des IÖD. Finanziert wird die Arbeit aus den Beiträgen ihrer Mitglieder. Zur IÖD gehören 669 Gewerkschaften aus 154 Ländern und Territorien, sie vertreten zusammen rund 20 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes.

Generalsekretärin ist Rosa Pavanelli aus Italien, gewählt wurde sie beim IÖD-Weltkongress Ende 2012. Er findet alle vier Jahre statt. Der IÖD-Vorstand aus Vertreter/innen der Mitgliedsgewerkschaften trifft sich einmal im Jahr. Präsident der IÖD ist der Brite Dave Prentis, ver.di-Bundesvorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber ist Vizepräsidentin.

Mehr Infos - auch zur Auseinandersetzung mit den Freihandelsabkommen - auf der Website: www.world-psi.org