"Ich schäme mich, wenn ich faul bin." Mit solchen Parolen müssen sich die Arbeiter einer indonesischen Palmölplantage vor ihrem Dienstantritt erniedrigen, damit sie trotz Hungerlöhnen auch ja schön produktiv sind. Sie sind nicht die einzigen Opfer einer modernen Sklaverei. Immer mehr schamlose Großinvestoren ruinieren die Landwirtschaft, indem sie, zumeist in der sogenannte Dritten Welt, Kleinbauern zu Spottpreisen enteignen, um brach liegende Böden und Urwälder zu monokulturellen Nutzflächen umzufunktionieren. Bedrückende, aber auch bizarre Bilder dokumentieren das rücksichtslose Vorgehen. Die Profiteure vertreiben die Eigentümer mit Waffen, zünden ihre Häuser an, machen die Äcker platt - mit monströsen Maschinen, die wie Kraken über sie herrollen. Der Film zeigt, welchen Nutzen wohlhabende Länder aus den Raubzügen ziehen und mit welchen Mitteln sich die Entwicklung stoppen ließe. Landraub stimmt vor allem aber nachdenklich mit der Erkenntnis, dass den Geschädigten nicht etwa von der EU Hilfe erwächst, sondern von buddhistischen Mönchen. Kirsten Liese

A 2015, R: Kurt Langbein. 95 Min., Kinostart: 8. Oktober 2015


Macbeth

Kaum ein anderes Stück von Shakespeare ist so voller wilder Widersprüche, grober Risse und greller Spannungen wie sein düsteres Epos um Machtgier, dessen Held zarteste Regungen mit todesbitteren Wahnbildern vereint, dessen Königin die skrupelloseste Täterin und die schauerlichste Büßerin zugleich ist. Grimmiger war sein Schotten-Drama freilich noch nie im Kino zu sehen. Der deutsch-irische Schauspieler Michael Fassbender brilliert in der Titelrolle als Krieger-König mit posttraumatischer Belastungsstörung, während Oscar-Preisträgerin Marion Cotillard ihre Lady Macbeth meisterlich zwischen Hybris und Reue balanciert. Genial interpretieren die beiden das berühmteste Tyrannenpaar der Weltliteratur neu. Gleichzeitig setzt Regisseur Justin Kurzel die gewohnte, chronologische Dramaturgie dynamisch mit extremem Zeitraffer, Jump Cuts und Reißschwenks außer Kraft. Souverän erreicht sein markantes Kino der Sinne, dass der Zuschauer dem Bann seiner Bilder erliegt. Selbst wenn Roman Polanskis Adaption als nach wie vor gültigste Umsetzung dieses Klassikers auf der Leinwand scheint. Luitgard Koch

GB 2015, R: Justin Kurzel, D: Marion Cotillard, Michael Fassbender, Paddy Considine, David Thewlis, 113 Min., Kinostart: 29. Oktober 2015


Picknick mit Bären

Reiseschriftsteller als selbstironischer Mitmenschkritiker, so könnte man das Jobprofil des Sachbuchstars Bill Bryson nennen. Sein bestes Werk A Walk in The Woods hat er 1998 verfasst, bei uns wird es unter dem Titel Picknick mit Bären vermarktet. Es handelt von seiner Wanderung entlang des legendären Appalachian Trail. Zelt, Rucksack, schlechte Kondition und die Angst vor Bären hinter jedem Baum. Die langen Wochen auf dem Gebirgspfad mitten durch Brysons Heimat USA leben von der unfreiwilligen Komik selbstgerechter Wandersleute genauso wie von Bill Brysons Naturschutz-Abschweifungen. In der Verfilmung freut uns Robert Redford als Reiseautor Bryson, ständig im liebevollen Konflikt mit seinem schwierigen, faulen, anarchischen Kumpel Katz, ein gealteter doch großartiger Nick Nolte. Die beiden Männer kämpfen mit ihrem Wanderplan, ihren Illusionen und dem Dosenfutter im Bergwald, ihrer immer schon anstrengenden Freundschaft oder mit der Neigung zu Ausflügen in die Zivilisation: Motels, Restaurants, Frauen. Die Bären sind dagegen nur ein eher kleines Problem. Jutta Vahrson

USA 2015, R: Ken Kwapis. D: Robert Redford, Nick Nolte, Emma Thompson, Mary Steenburgen, Kristen Schaal, 98 Min., Kinostart: 15. Oktober 2015