Kommentar "Die Kosten der Schwarzen Null", ver.di publik 8_2015

Ihrer Aussage, dass es sich vor Ort in den Kommunen entscheidet, wie die Integration von Flüchtlingen läuft, kann ich nur beipflichten; gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass vielen Kommunen vielfach auch finanziell das Wasser bis zum Hals steht.

Allerdings liegt es sicherlich auch an der jeweiligen Stadtverwaltung, ob und wie Integration funktioniert: So kann man schon seit Jahren gravierende Unterschiede beobachten, was z.B. das Thema Wohnen angeht. Während einige Städte seit Jahren primär auf der Unterbringung in großen, außerhalb gelegenen und z.T. desolaten (Container-)Gemeinschaftsunterkünften bestanden und Wohnungsunterbringung nur in Ausnahmefällen erfolgte, gibt es andere Städte wie Leverkusen ("Leverkusener Modell"), die es zumindest bis vor ein paar Monaten in der Regel geschafft haben, nach recht kurzer Zeit alle Flüchtlinge dezentral unterzubringen. Und auch bei der Betreuung der Flüchtlinge kann man es sich entweder leicht machen und diese jahrzehntelang fast komplett dem Zufall und Ehrenamtlichen überlassen oder sie strukturiert und in Kooperation und Miteinander durch Haupt- und Ehrenamtliche durchführen.

Sollten der soziale Wohnungsbau 2016 wirklich gefördert und die Kommunen außerdem die längst überfälligen deutlich höheren Geldmittel für die Flüchtlingsbetreuung zur Verfügung gestellt bekommen, wäre ich dafür, diese Zahlungen an folgende Bedingungen zu knüpfen, um die Qualität der Flüchtlingsbetreuung nicht weiterhin vom Good-will der Kommunalleitungen abhängig zu machen:

  1. Unterbringung aller Flüchtlinge so schnell wie irgend möglich in Wohnungen (das ist im Endeffekt günstiger, verringert das Konfliktpotential und fördert die Integration),
  2. Vorgabe von klaren Konzepten (Wer macht was bis wann?) und
  3. verbindliche Personalschlüssel für Hauptamtliche, wie es sie z.B. bei den Landeseinrichtungen (Erstaufnahmeeinrichtungen, Zentralen Unterbringungseinrichtungen, Notunterkünften) bereits gibt.

Norbert Müsch, Rees


Meldung "Es geht auch ohne private Gerichte", ver.di publik 8_2015

Zweifellos ist ein Investitionsgerichtshof mit öffentlich bestellten und besoldeten Richter/innen und einer Revisionsmöglichkeit besser als private Schiedsgerichte. Wer jedoch glaubt, damit hätte man CETA, TTIP und TiSA (es handelt sich hier um völkerrechtliche Verträge!) die Giftzähne gezogen, der befindet sich auf dem Holzweg. Denn die Art und Ausgestaltung der Gerichtsbarkeit ist nur der Weg, mit dem ausländische Investoren ihre Rechte einklagen und durchsetzen möchten.

Das Hauptproblem sind eben diese Rechte, verharmlosend "Investitionsschutz" genannt, die in allen drei Freihandelsabkommen erheblich gestärkt werden sollen. Auf der Grundlage einer sehr weiten Definition von Investitionen erhalten ausländische Investoren das Privileg, Staaten zu verklagen, wenn sie sich "indirekt enteignet" oder nicht "gerecht und billig" behandelt fühlen. Dagegen müssen Staaten, inländische Investoren, Arbeitnehmer- und Verbraucher/innen mit dem normalen (nationalen) Rechtsweg vorlieb nehmen, wenn sie sich durch die wirtschaftlichen Aktivitäten multinationaler Konzerne geschädigt oder in ihren Rechten verletzt sehen. Im Klartext heißt das: Die Eigentumsrechte ausländischer Investoren haben grundsätzlich Vorrang vor den Menschenrechten, den Schutzrechten von Arbeitnehmer- und Verbraucher/-innen und vor der Umwelt!

Eine Sondergerichtsbarkeit nur für ausländische Investoren zu schaffen, hebelt den Rechtsstaat und die Demokratie aus, auch wenn diese Gerichtsbarkeit rechtsstaatlichen Mindestanforderungen genügen sollte.

Bis heute fehlt jede plausible Begründung, weshalb es zwischen Staaten mit funktionierenden Rechtssystemen (EU, USA, Kanada) überhaupt eine Sondergerichtsbarkeit geben muss.

Als Gewerkschafter/innen können wir Freihandelsabkommen nur dann zustimmen, wenn entweder alle Privilegien für ausländische Investoren herausgestrichen werden oder umgekehrt alle Wirtschaftsbürger/innen die gleichen Rechte und Klagemöglichkeiten erhalten.

Gisela von Mutius, Bonn


Thema "150 Jahre Buchdruckergewerkschaft", ver.di publik 8_2015

Schön, wenn man ein Jubiläum feiern kann. Peinlich, wenn man sich dabei verrechnet hat: Die Druckergewerkschaft als ver.di-Vorläuferin wird 2016 nicht 150, sondern 168 Jahre alt. Am 23. April 1848, einem Ostersonntag, wurde im Heidelberger Gasthaus "Zum Riesenstein" die erste deutsche Druckergewerkschaft gegründet. Aufgerufen hatte der Schriftsetzer Georg Henckel. Delegierte aus sieben südwestdeutschen Städten folgten ihm. Das sogenannte "Heidelberger Signal", auch bekannt unter "Heidelberger Zuruf", führte im Juni desselben Jahres zur Gründung der ersten deutschen Buchdrucker-Vereinigung in Mainz. Zum wirklichen 150. Jubiläum im April 1998 gaben die Heidelberger Mitglieder der damaligen IG Medien die Zeitung Kurpfalz-Kurier heraus und verteilten sie in Betrieben und in der Stadt. Also: Bleibt bitte bei der historischen Wahrheit.

Hans Dölzer, Hirschberg

(siehe dazu auch Seite 9 in dieser Ausgabe, die Red.)


"Politische Themen in publik?" Zum Leserbrief von Olaf Baalhorn, ver.di publik 8_2016

Seit 25 Jahren bin ich bei Ihnen Mitglied und bin empört über diese Zuschrift.

Ich halte Gewerkschaften für hoch politische Institutionen, die sich auch politisch engagieren sollten.

Ich bin alt und das "Du" fällt mir schwer, aber meine Gedanken sind umso herzlicher.

Gisela Bauer, Hannover

In der letzten Ausgabe Ihrer Zeitung veröffentlichen Sie einen Leserbrief, der sich explizit wünscht, dass "eine Gewerkschaft sich nicht mit politischen Themen auseinandersetzt, sondern sich weiterhin mit den arbeitsrechtlichen Belangen ihrer Zielgruppe befasst".

Die Haltung, die hinter diesem Wunsch steht, ist meiner Meinung nach kurzsichtig und fatal! Gesellschaftliche, politische Istzustände brauchen immer wieder Kontextualisierung, Aufzeigen, Transparentmachen von Zusammenhängen. Dazu gehört klar die "Welt-Geschichte", auf die sich unser Zusammenleben gründet, sei es hier in der BRD oder in Europa. Was wir heute erleben, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, die konsequente Hinführung zum jetzigen Neoliberalismus, ist den bewusst gemachten Entwicklungen in der Vergangenheit geschuldet. Eine gute Gewerkschaftszeitung, die die Darstellung dieses Zusammenhangs luzid macht, wo die meisten Medien einseitig verdummend, meinungsschreibend unsere marktkonforme Bertelsmanndemokratie festzurren, ist ein Juwel und steht in der Nachfolge von Zola, Tucholsky, Ossietzky ....Meine Freund/innen und ich wünschen uns mehr davon!

Luana Thalmann, Konstanz

Sehr geehrter Kollege Baalhorn, ob es Sie irritiert oder nicht, aber Politik und Ökonomie verhalten sich zueinander ungefähr so wie Blitz und Donner, Pech und Schwefel, Feuer und Flamme und meinetwegen auch wie Dick und Doof. Gestern wie heute. Immer und überall. Echt krass, oder!?

Diana Taube, Hamburg

Herr Baalhorn! Was ist denn Ihr Problemchen? Ihr Recht auf geistige Diät wird doch volles Rohr und wie kaum ein anderes mit tonnenweise mehr oder weniger dämlichen Publikationen an jedem deutschen Zeitungskiosk verteidigt.

Matthias Schreiber, per E-Mail


Kommentar "Wie krank ist das denn?", ver.di publik 8_2015

Ich wäre oft froh gewesen, wenn es eine Möglichkeit gegeben hätte, während einer Erkrankung teilweise zu arbeiten. Aufgrund von Erkrankungen war ich nicht in der Lage, volle acht Stunden täglich zu arbeiten. Aber ich hätte es als positiv empfunden, wenigstens einige Stunden am Tag etwas anderes zu sehen und etwas Anregung und auch etwas Anforderung zu haben, ähnlich wie bei der Wiedereingliederung nach einer Reha. Das hatte dann zur Folge, dass ich zu früh wieder ganztags gearbeitet habe. Bei einer teilweisen Krankschreibung hätte ich mich sicher leichter getan und wäre eher zuhause geblieben, um mich auszukurieren. Es hängt natürlich von der jeweiligen Krankheit ab, ob es sinnvoll ist oder nicht.

Karola Grund, Karlsruhe


Thema "Mindestlohn" in ver.di publik

Zehn Jahre kämpfte die Gewerkschaft ver.di für den gesetzlichen Mindestlohn.

Inzwischen stellt sich heraus, dies ist ein Erfolg!

Auch wenn das Gesetz verbesserungswürdig ist. Ich finde, ver.di publik sollte einmal eine Zwischenbilanz ziehen. Mir liegen noch die Worte der CDU aus dem letzten Bundestagswahlkampf in den Ohren, was alles passieren würde. Nichts davon trat ein.

Uwe Großmann, Bärenstein


Thema "Pflege" in ver.di publik

Viele tausende Beschäftigte in der Pflege haben zu den Feiertagen einen sehr harten Job. Im ganzen Land wird die Forderung immer lauter, wird demonstriert, sogar gehetzt und Hass damit geschürt, dass wir mit der Flüchtlingsaufnahme am Ende seien. Pflegekräfte sind das seit Jahren und werden mit der Ökonomisierung des Menschenrechts Gesundheit weiter und weiter in unhaltbare Zustände getrieben. Wo sind hierzu die Rufer, Demonstranten, Ankläger und vor allem die vielen Tausenden, die solidarisch mit denen sind, die Menschen pflegen? Flüchtlinge würden angeblich das Soziale bedrohen, ist zu hören. Wäre dem so, so müssten sie allesamt auch für das Pflegepersonal und manche andere demonstrativ spazieren gehen und rufen!

Roland Winkler, per E-Mail


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