Die Europäische Bürgerinitiative "Fairer Transport in Europa" will den zu Sozial- und Lohndumping führenden Geschäftspraktiken im Verkehr ein Ende bereiten. Eine Million Unterschriften werden gebraucht

Rund 2,5 Millionen Verkehrsunfälle haben in Deutschland laut Statistischem Bundesamt jährlich über 4.000 Tote, knapp 70.000 Schwerverletzte und rund 330.000 Leichtverletzte zur Folge. In diese Unfälle verwickelt und immer wieder Opfer sind auch die Beschäftigten im Verkehr. Zwei Millionen Menschen sind es in Deutschland, elf Millionen insgesamt in den Ländern der Europäischen Union. Es sind Beschäftigte, die Sie am Morgen mit dem Bus oder der Bahn sicher zur Arbeit bringen und abends wieder zurück nach Hause. Es sind auch diejenigen, die Ihnen manchmal noch spät am Abend ein Paket bringen, mit dem Buch oder den Socken, die sie sich im Internet bestellt haben. Diejenigen, die Sie anderntags zu einem wichtigen Termin von Hamburg nach Frankfurt oder in den Urlaub fliegen. Oder auch diejenigen, die täglich den Supermarkt bei Ihnen um die Ecke mit neuer Ware beliefern. Diese Beschäftigten haben jetzt die Europäische Bürgerinitiative (EBI) "Fair Transport Europe" gestartet, weil sie vor allem sichere und gute Arbeitsplätze wollen, ungeachtet ihres Herkunftslandes.

Jetzt gegensteuern

Von den 4,5 Milliarden Tonnen Gütern, die in Deutschland jährlich von A nach B befördert werden, rollen mehr als 70 Prozent über die Straßen. Allein in den zwölf Jahren zwischen 1999 und 2011 ist der Güterverkehr hierzulande um 32 Prozent gewachsen. Nicht viel anders sieht es im übrigen Europa aus. Es ist voller geworden auf den Autobahnen, Landstraßen und im Stadtverkehr, aber der Verkehr nicht im gleichen Maße sicherer. Das erleben die Beschäftigten im Verkehr tagtäglich. Aber vor allem auch, dass sich ihre Arbeitsbedingungen zusehends verschlechtern, wenn nicht gegengesteuert wird.

Bernd Fuhrmann, stellvertretender Betriebsrats-Vorsitzender beim United Parcel Service (UPS) in Köln/Bonn, ist einer der ersten Unterzeichner der Europäischen Bürgerinitiative. "Weil es höchste Zeit wird", sagt er. Und verweist auf die UN-Menschenrechtscharta, die jedem Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit zugestehe. "Da ist kein Platz für ,Geiz ist geil' und Sozialdumping, sachgrundlos befristete Arbeitsverträge, Zeit- und Leiharbeit auf Dauerarbeitsplätzen, scheinselbstständige Sub-Sub-Unternehmer mit 16-Stunden-Arbeitstag, totale Überwachung à la Big Brother - all das gehört auf den Müllhaufen der Geschichte", sagt Fuhrmann.

"Der freie Austausch von Gütern und Dienstleistungen, das Reisen über die Grenzen der einzelnen Mitgliedsstaaten der EU hinweg sind politische Errungenschaften, die niemand missen möchte und die in erheblichem Umfang zum Erhalt der europäischen Wirtschaftskraft beitragen", sagt Andrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Erstunterzeichnerin der Bürgerinitiative. Aber sie sieht wie der UPS-Betriebsrat auch, dass die Beschäftigungsbedingungen in vielen Bereichen erheblich unter Druck geraten sind. "Wir wollen gemeinsam mit den anderen europäischen Gewerkschaften in den Bereichen Transport und Verkehr erreichen, dass sich die EU-Kommission mit der Situation der Beschäftigten des Sektors gezielt befasst und Maßnahmen vorschlägt, die einen fairen Wettbewerb und gute Arbeitsbedingungen ermöglichen", so Kocsis.

Damit das passiert, müssen aber erst einmal bis September eine Million gültige Unterstützungsbekundungen in einem Viertel aller EU-Mitgliedsstaaten, also in sieben EU-Ländern zusammenkommen. In Deutschland müssen rund 250.000 Menschen die Initiative unterzeichnen. Sie ist wie schon die ebenfalls von ver.di vorangetriebene und erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative für das Menschenrecht auf Wasser eine Möglichkeit, Europa sozialer zu gestalten. Jede/r kann mithelfen und unterschreiben. Damit Europas Straßen sicherer werden und vor allem die Beschäftigten im Verkehr unter gleichen, sicheren und guten Bedingungen Menschen und Güter transportieren können.

sign.fairtransporteurope.eu