Mittlerweile müssten die rund 14.000 Beschäftigten der Karstadt-Warenhäuser und -Sport-Filialen wieder nach Tarif bezahlt werden. Denn die im Juni 2013 vom damaligen Eigentümer Nicolas Berggruen begangene Tarifflucht sollte auf drei Jahre begrenzt sein, danach war die vollständige Tarifangleichung innerhalb von drei Jahren vorgesehen. Doch nach wie vor verweigert der Arbeitgeber den Beschäftigten eine verlässliche Perspektive für die Rückkehr in den Tarif.

"Die Einkommen der Kolleginnen und Kollegen liegen deshalb rund zehn Prozent unter Tarif", sagt Arno Peukes, Karstadt-Betreuungssekretär in der ver.di-Bundesfachgruppe Einzelhandel. "Und der Arbeitgeber will den Beschäftigten auch noch ans Urlaubs- und Weihnachtsgeld." Dabei summieren sich die Beiträge der Karstadt-Mitarbeiter/innen zur Rettung des Unternehmens durch Sanierungstarifverträge und Arbeitsplatzabbau auf mehr als eine Milliarde Euro. Doch dauerhaft stabilisiert hat das Unternehmen sich nicht - auch nicht nach der Übernahme durch den österreichischen Immobilienunternehmer René Benko.

Fremdvergabe als Heilmittel?

Für erhebliche Unruhe unter den Beschäftigten sorgten Medienberichte im April, wonach bis zu einem Drittel der Verkaufsflächen in den Warenhäusern als sogenannte Concession-Stores an bekannte Firmen vermietet werden könnten. "Es wäre völlig falsch, für alle 81 Filialen eine einheitliche Quote bei der Fremdvergabe anzusetzen", sagt Arno Peukes. "Wir sind uns in der Bundestarifkommission einig, dass Karstadt als Warenhaus weiterentwickelt werden soll." Attraktive Firmen in den Filialen könnten dabei hilfreich sein, doch müsse für jedes Warenhaus ein passendes Konzept gefunden werden. Nur so könne die von ver.di und den Karstadt-Betriebsräten geforderte Standort- und Beschäftigungssicherung tatsächlich umgesetzt werden.

Mitte April behauptete Karstadt-Geschäftsführer Fanderl in einem Brief an die Mitarbeiter/innen, es gebe für die Fremdvermietung sorgfältig ausgear- beitete, standortbezogene Konzepte. Allerdings haben diese ver.di und die Betriebsräte nicht erhalten. Die Geschäftsleitung drohte den Interessenvertretern, das Unternehmen gegebenenfalls aufzuspalten, sodass künftig jede Karstadt-Filiale rechtlich eigenständig wäre. Dadurch würden ebenso weitere Arbeitsplätze gefährdet wie durch eine ins Spiel gebrachte Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden, da die Personalkosten vom Umsatz abhängen.

Arbeitgeber will weitere 27 Millionen

"Doch der Umsatz wächst ja nicht automatisch, wenn die Arbeitszeit verlängert wird, so dass durch eine Arbeitszeitverlängerung rund 880 weitere Arbeitsplätze bei Karstadt gefährdet würden", sagt Bernhard Schiederig, Leiter des ver.di-Landesfachbereichs Handel in Hessen und Mitglied der Bundestarifkommission für Karstadt. "Klar ist, dass der Arbeitgeber weitere rund 27 Millionen Euro von den Beschäftigten will!"

Auf keinen Fall könnten die Beschäftigten auf das ihnen tariflich zustehende Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten, sagt Arno Peukes. ver.di sei zu weiteren Verhandlungen bereit, aber die Arbeitgeberseite müsse akzeptieren, dass die Karstadt-Kolleg/innen sich auf die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze, auf eine Perspektive für die Rückkehr in die Tarifbindung und die Garantie ihrer tariflichen Sonderzahlungen verlassen wollten. "Die Beschäftigten haben ihre Beiträge für die Zukunftssicherung des Unternehmens geleistet." Nun sei es höchste Zeit für belastbare Pläne der Geschäftsleitung zur Karstadt-Entwicklung. Pläne, "bei denen es nicht um Verzicht und Abbau bei den Beschäftigten geht". Ideen für das Warenhaus der Zukunft wären eine echte Alternative.

Gudrun Giese