Andreas Schackert

ver.di publik: Andreas, seit dem 1. Februar bist du der neue Landesfachbereichsleiter Verkehr. Du hast vor allem die Bedingungen am Flughafen Stuttgart kennengelernt. Ein Schwerpunkt in diesem Bereich sind die Bodenverkehrsdienste. Dein erster Eindruck?

Andreas Schackert: Die Devise der Geschäftsführungen der Flughafen Stuttgart Gesellschaft, FSG, und ihrer Tochtergesellschaften SAG und S. Ground kann man beschreiben als eine im betriebswirtschaftlichen Sinn effektive Ausnutzung der Schichtarbeiter im Bodenverkehrsdienst. Das Lieblingswerkzeug ist flexible Arbeitszeit.

ver.di publik: Wie wirkt sich das aus?

Schackert: Die Dienstpläne werden für jeden einzelnen Tag dem Personalbedarf angepasst. Für den Beginn und die Dauer der Schicht spielen allein wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle.

ver.di publik: Was heißt das für die Beschäftigten?

Schackert: Eine Planung erfolgt bei der FSG eigentlich schon mit der Erstellung des Jahresdienstplans. Aber der Arbeitgeber hält diesen Dienstplan nicht für verbindlich. Der Arbeitnehmer darf allenfalls seinen Jahresurlaub danach planen. Darüber hinaus gibt es aber keine Sicherheit, welches Wochenende, welche einzelnen Tage frei bleiben.

ver.di publik: Wie werden die Dienste im Jahresverlauf verteilt?

Schackert: Im Sommer werden grundsätzlich mehr Arbeitstage geplant als im Winter. Im Sommer hat ein Gepäckfahrer weniger Freizeit als im Winter, er wird bis an seine Belastungsgrenze eingesetzt.

ver.di publik: Kann ein Vorfeldarbeiter seine Freizeit planen?

Schackert: Nein. Ständig wechselnde Dienstzeiten, Kurz- und Langdienste sind die Regel. Mal wird ein Mitarbeiter am Vorabend angerufen: Er soll zuhause bleiben. Der Dienst wird kurzfristig verschoben.Ein anderes Mal wird er kurzfristig einbestellt und aus seiner Freizeit geholt. Familie und Freunde haben dabei das Nachsehen. Die Beschäftigten sind der Spielball der Arbeitgeber. Dabei ist durch eine Betriebsvereinbarung und das Teilzeit- und Befristungsgesetz festgeschrieben: Kurzfristige Änderungen des Dienstplanes müssen vier bis fünf Tage im Voraus angekündigt werden.

ver.di publik: Was sagt der Arbeitgeber dazu?

Schackert: Das Einzige, was für ihn zählt, ist die Produktivität. Beschäftigte kommen im Sommer auf dem Zahnfleisch daher! Herr Müller, Prokurist der FSG und Geschäftsführer der SAG, war überrascht über diese Aussage. Seine Antwort: "Ich habe doch die Produktivitätskennzahl verringert."

Seine Aussage zeigt, dass der Mensch eine untergeordnete Rolle spielt.

Schon in der Vergangenheit haben wir in unserer Zeitung FlyAir über die Missstände bei den Bodenverkehrsdiensten und deren Auswirkungen auf die Mitarbeiter berichtet. Die Liste der Beanstandungen ist lang. Der firmeneigene "fairport-Kodex" spricht über einen sozialen, verantwortungsvollen Arbeitgeber FSG. In diesem Kodex wirbt die Flughafen Stuttgart Gesellschaft mit den folgenden Zitaten: "Wir betreiben unseren Flughafen auf der Basis der geltenden Gesetze, Vorschriften und sonstiger bindender Verpflichtungen (Compliance). Wir nehmen unsere Verantwortung für die Sicherheit und die Gesundheit unserer Mitarbeiter wahr. Wir sorgen für ein entsprechendes Arbeitsumfeld und gewährleisten Arbeits- und Gesundheitsschutz auf der Grundlage der jeweiligen Bestimmungen."

Wir von ver.di stellen allerdings fest, dass die Flughafen Stuttgart Gesellschaft gegen ihren eigenen fairport-Kodex verstößt. Das Papier, auf dem dieser gedruckt wird, ist sein Geld nicht wert. Wir fordern deshalb:

  • arbeitsmedizinisch orientierte Dienstpläne,
  • eine sozialverträgliche Dienstplanung,
  • die Einhaltung des fairport-Kodex‘,
  • einen familiengerechten Dienstplan.

Wir fordern grundsätzlich von der FSG und deren Tochtergesellschaften, Verantwortung für die Beschäftigten zu übernehmen.

ver.di publik: Vielen Dank, Andreas, und viel Erfolg für deine weitere Arbeit.

Interview: Ursula Schorlepp, ver.di-Bezirk Stuttgart