Marion Lühring ist Redakteurin der ver.di publik

Früher waren Menschen dreißig oder vierzig Jahre in einer einzigen Firma. Sie wurden nach einer dreimonatigen Probezeit fest eingestellt und blieben da. Die Zukunft war planbar. Heute erscheint das wie ein Märchen aus vergangenen Zeiten. Für immer mehr Menschen ist Arbeit unsicher geworden. Einer der Gründe sind Befristungen, nicht nur in der Wirtschaft, auch im öffentlichen Dienst.

Der Anteil von Befristungen an allen sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungen in deutschen Unternehmen hat im letzten Jahr dramatisch zugenommen: 45 Prozent der neu eingestellten Beschäftigten haben 2016 nur einen befristeten Arbeitsvertrag bekommen. Vier Prozent mehr als 2015, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervorgeht. Die Rheinische Post und andere berichteten. Das Arbeitsministerium berief sich dabei in seiner Antwort auf eine aktuelle Stellenerhebung des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit.

Besonders traurig stellt sich der Negativrekord für jüngere Menschen und Berufseinsteiger dar. Im Jahr 2015 erhielten bei den 25- bis 29-Jährigen 47 Prozent einen befristeten Arbeitsvertrag, 2016 stieg die Zahl auf 50 Prozent. Von den unter 20-Jährigen fanden im vergangenen Jahr sogar 59 Prozent nur einen befristeten Job. Wer so ungesichert ins Berufsleben startet, für den ist an Familienplanung oder Nestbau nicht zu denken. Die Zukunft ist unsicher.

Die Wirtschaft wird das nicht freiwillig ändern. Sie missbraucht Befristungen solange als willkommene Ausdehnung der Probezeit oder flexible Möglichkeit der Unternehmensplanung, bis der Gesetzgeber dem einen Riegel vorschiebt. ver.di will deshalb die sachgrundlose Befristung abschaffen und den Katalog der Sachgründe für eine Befristung eingrenzen, damit unbefristete Beschäftigung wieder zur Regel wird. Das ist auch dringend geboten, wenn man sich diese Zahlen ansieht.