Nach einem zähen Streit werden den Beschäftigten der Abfallwirtschaft Stuttgart nun endlich die täglichen Wasch- und Umziehzeiten im Betrieb als Arbeitszeit vergütet

Zusammenhalt und hoher Organisationsgrad sind der Schlüssel zur Durchsetzung der Beschäftigteninteressen

Es war eine lange Auseinandersetzung, aber am Ende steht ein Erfolg. Und dies ist die Geschichte: Bis Mitte Dezember 2016 mussten die Beschäftigten bei der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) das Waschen und Umziehen nach der meist schmutzigen und schweißtreibenden Arbeit in ihrer Freizeit erledigen. Die Landeshauptstadt war bis dahin nicht bereit, den Beschäftigten dies als Arbeitszeit anzuerkennen, obwohl sich ein unmittelbares Erfordernis aus der Tätigkeit der Beschäftigten ergibt. Eine Regelung aus dem Jahr 2001 hatte dies ausgeschlossen. Und das, obwohl bei der Straßenreinigung, der Müllabfuhr, auf den Wertstoffhöfen und der Deponie, in den Kantinen, der Reinigung und bei weiteren Tätigkeiten im Eigenbetrieb AWS der Stadt Stuttgart besonders auf die Hygiene und die Sicherheit bei der täglichen Arbeit zu achten ist. Daher ist es erforderlich, dass der größte Teil der Beschäftigten Arbeitskleidung trägt und sich unmittelbar nach der Tätigkeit wäscht.

Ansprüche geltend machen

Bereits im Herbst 2015 hatte ver.di im Betrieb über die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte informiert. Demnach sind veranlasste, also aufgrund der Tätigkeit nötige Umzieh- und Waschzeiten Arbeitszeiten. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 19. September 2012 (Aktenzeichen 5 AZR 678 / 11) entschieden, dass Umkleidezeiten und durch das Umkleiden veranlasste innerbetriebliche Wegezeiten vergütungspflichtige Arbeitszeiten sind, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss.

In allen Ämtern der Landeshauptstadt Stuttgart, die das Thema betrifft, wurde das Urteil längst umgesetzt. Nur bei der AWS nicht, obwohl sich der Personalrat mit der Geschäftsführung auf die Anerkennung von 15 Minuten am Tag verständigt hatte. Das war bereits im Sommer 2016 geklärt, daher haben die Beschäftigten darauf verzichtet, die Ansprüche individuell geltend zu machen.

Da die Umsetzung der Einigung von den Verantwortlichen im Rathaus jedoch gebremst wurde, führte erst eine Androhung der aktiven ver.di-Kolleginnen und -Kollegen zur offiziellen Umsetzung ab dem 15. Dezember 2016. Darin hieß es: "Sollte die Umsetzung nicht spätestens im Dezember 2016 erfolgen, rufen wir euch auf, eure Ansprüche geltend zu machen. Für ver.di-Mitglieder bereiten wir selbstverständlich die Geltendmachung vor. Daher sind alle Kolleginnen und Kollegen, die es noch nicht sind, eingeladen, Mitglied zu werden."

Die Ansprüche der Beschäftigten, die ihnen nach Tarifvertrag für die letzten sechs Monate zu vergüten sind, wollten oder konnten die Verantwortlichen im Rathaus nicht garantieren. Eine Woche lang besuchten die ver.di-Vertrauensleute alle Betriebsstätten und machten so für mehrere hundert ver.di-Mitglieder ihre Ansprüche geltend.

Mehrere hundert Euro waren fällig

Da ver.di das nur für seine Mitglieder tun kann, konnten über 40 weitere Kolleg/innen dafür gewonnen werden, der Gewerkschaft beizutreten. Es war viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt: Im August 2017 hat die Stadt einen großen Teil der Ansprüche aus den Geltendmachungen ausgezahlt. In den meisten Fällen beläuft sich die Zahlung auf mehrere hundert Euro.

Auch für die Verwaltung bei der AWS war die Umsetzung eine Herausforderung und gehört daher gewürdigt. Das ver.di-Team bei der Abfallwirtschaft Stuttgart hat erneut bewiesen, dass Zusammenhalt und ein hoher Organisationsgrad der Schlüssel zur Durchsetzung der Beschäftigteninteressen sind. Auch hier gilt, Recht haben und Recht bekommen, sind zwei unterschiedliche Dinge. Daher www.mitgliedwerden.verdi.de