Von Gudrun Giese

Der Schock für die Beschäftigten war groß: Wenige Tage vor Weihnachten kündigte die Leitung der privaten Klinik-Kette Paracelsus Insolvenz an. Für mehr als 5.000 Beschäftigte in insgesamt 40 Einrichtungen bedeutete diese Nachricht sorgenvolle Feiertage. Seit Mitte Januar gibt es etwas mehr Klarheit über den weiteren Weg des Konzerns, dessen wirtschaftliche Probleme nach Einschätzung von ver.di allein durch jahrelanges Missmanagement entstanden sind.

"Glücklicherweise ist der frühere Alleingesellschafter nun aus dem Spiel", sagt Sven Bergelin, für die Paracelsus-Beschäftigten zuständiger Tarifsekretär im ver.di-Fachbereich Gesundheit und Soziales. Beschlossen ist eine Insolvenz in Eigenverwaltung, da noch Vermögenswerte vorhanden sind und das Unternehmen insgesamt eine Fortführungsperspektive hat. Es gibt eine neue Unternehmensleitung und einen Sachwalter, der das Insolvenzverfahren verantwortet. Zu einer gemeinsamen Veranstaltung des Gesamtbetriebsrats (GBR) und des Wirtschaftsausschusses waren im Januar der Sachwalter und Vertreter der Geschäftsleitung gekommen, um Auskunft über die geplanten nächsten Schritte zu geben.

Als Ganzes in den Verkauf

Der Konzern soll nach den Vorstellungen der neuen Chefs erhalten bleiben und nach abgeschlossener Sanierung möglichst als Ganzes verkauft werden. Zunächst gibt es aber einige Einschnitte. So wird das Akutkrankenhaus in Karlsruhe mit knapp 200 Beschäftigten zum 28. Februar geschlossen. "Das ist nicht ganz überraschend, weil der frühere Eigentümer in der jüngeren Vergangenheit dringend nötige Sanierungen des Hauses versäumt hat, das deshalb in den vergangenen Jahren rote Zahlen schrieb", so Gewerkschafter Sven Bergelin.

Darüber hinaus sollen konzernweit weitere Stellen wegfallen, von mehr als 200 Vollzeitäquivalenten ist die Rede, etwa allein 76 im Bereich der Verwaltung. Auch dieser Abbau soll bis spätestens Ende Februar passiert sein.

Der GBR hat einen Insolvenzausschuss gebildet, der Ansprechpartner für die Geschäftsleitung ist. Außerdem wird der GBR zügig einen Rahmensozialplan aufstellen, während die Betriebsräte in den Krankenhäusern und Rehakliniken jeweils eigenständig einen Interessenausgleich aushandeln. Die Abfindungshöhen sind nach dem Insolvenzrecht gedeckelt, sodass der Verhandlungsspielraum für den Sozialplan eingeschränkt ist.

"Jeder von uns weiß, dass die Insolvenz in Eigenverwaltung ein steiniger Weg sein wird. Aber trotz allem sehen wir den Umbruch als Chance auf langfristige Stabilität im Unternehmen", sagte Michaela Ramünke, Betriebsratsvorsitzende und stellvertretende GBR-Vorsitzende.

Einmal mehr zeige sich im Fall der Paracelsus-Insolvenz, "welche Gefahren bestehen, wenn man das Gesundheitswesen als wichtigen Zweig der Daseinsvorsorge den Kapitalinteressen und Marktkräften überlässt", hatte Sylvia Bühler, im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheitswesen zuständig, bereits im Dezember 2017 erklärt. Die Beschäftigten müssten nun die Folgen des jahrelangen Missmanagements ausbaden, obwohl sie etwa durch den Verzicht auf ihr Weihnachtsgeld 2013 und 2014 dem Konzern Mittel für die nötigen Investitionen überlassen hätten. Der Alleingesellschafter hielt sich jedoch nicht an die Absprachen und investierte das Geld nicht ins Unternehmen.

"Nun besteht die Gefahr, dass der Sachwalter gewinnträchtige Teile des Unternehmens wie etwa die Rehakliniken an meistbietende Investoren veräußert, denn laut Insolvenzrecht ist er nur den Gläubigern verpflichtet", sagt Sven Bergelin. ver.di und den Betriebsräten gehe es hingegen um die Beschäftigten, die mit ihrer Arbeit in den vergangenen Jahren und auch jetzt die Versorgung der Patienten und damit den Weiterbetrieb der Klinik sicherstellen.