Sprühlogos sind resistent

Neue Presse, 10. April 2018

Hannover. Das war eine Lektion für Eltern, Kinder - und die Verdi-Jugend. Kindersprühkreide ist wesentlich resistenter, als die meisten vermuten. Mit Besen, Streusalz und Wasser rückten die jungen Gewerkschafter in der Luisenstraße an, um ihre beim Warnstreik aufs Pflaster gemalten Sprühlogos wieder zu entfernen. Eigentlich hätten die bunten Protestparolen längst durch Regen und Schnee verschwunden sein müssen. Doch "30 Tage Urlaub", "Wir sind es wert" und "100 Euro mehr" waren noch immer (wenn auch verschwommen) zu lesen. Veit Pagel, Chef des Grand Hotel Mussmann in der Luisenstraße, schrieb im Namen der Luisenstraßen-Händler eine E-Mail an Verdi-Chef Frank Bsirske mit der Aufforderung, die Schmierereien bis Freitag, 23. März, zu entfernen. Ansonsten werde man die Beseitigung selbst veranlassen und die Kosten Bsirske in Rechnung stellen. "Wir hätten das nicht beseitigen müssen, weil es wirklich Kindersprühkreide ist", stellt Olga Kempf klar. Zu ähnlichen Fällen gebe es längst Gerichtsurteile. Die Verdi-Jugend wolle aber "ihren guten Willen zeigen" und außerdem die Passanten über den Sinn des Arbeitskampfes aufklären.


Da, wo es weh tut

Handelsblatt, 9. April 2018

Warnstreiks im Öffentlichen Dienst sind oft kaum mehr als Nadelstiche. Eltern ärgern sich, wenn die Kita geschlossen bleibt, aber am nächsten Tag ist der Spuk meist schon vorbei. Im Keller quellen die Mülltonnen über, aber bei der nächsten Leerung werden sie dann doch abgeholt.

Richtig krachen lassen die Gewerkschaften es erst, wenn sie auch ihre Mitglieder an den Flughäfen aufrufen, die Arbeit zeitweise ruhen zu lassen. Ohne Gepäck- und Frachtkontrolle oder eine einsatzbereite Flughafenfeuerwehr hebt kein Flieger ab. Und wenn massive Flugausfälle drohen, schafft es der Streik auch bis in die Fernsehnachrichten.


Botschaft der Nervbratzen

die tageszeitung, 7. April 2018

Berlin stinkt manchmal, natürlich nicht im übertragenen Sinne. Sondern in echt: Am Freitag blieben in der Stadt viele Mülleimer brechend voll; Sperrmüll lag auf der Straße (sogar solcher, der eigentlich abgeholt werden sollte). [...] Nur wer ist schuld an diesem Dreck? Wie immer ist das, je nach Lesart, jemand anderes. Zunächst zu nennen, weil beruflich dafür verantwortlich: die etwa 4.500 Angestellten der Berliner Stadtreinigung (BSR) und Wasserbetriebe (BWB), die aus guten Gründen nicht raufwollten auf die Müllwagen. Sie waren dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt [...] Verdi also wieder mal, die alten Nervbratzen. [...]


Keine andere Wahl

Die Zeit, 10. April 2018

Was die Arbeitgeber aber nur ungern ansprechen, ist die schlechte Bezahlung von Mitarbeitern mit mittlerer Qualifikation. Es fehlt an Pflegekräften und Erziehern - eben auch, weil die Bezahlung nicht stimmt. Selbst wenn sich viele junge Leute für diese Jobs interessieren, weil sie gerne mit Menschen arbeiten, scheuen sie einen Einstieg oder scheiden nach wenigen Jahren wieder aus, weil Bezahlung und Belastung in keinem ausgewogenen Verhältnis stehen. Dabei leisten gerade Angestellte in sozialen Berufen einen wichtigen Beitrag in dieser Gesellschaft. [...] Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass anspruchsvolle und anstrengende Arbeit auch angemessen bezahlt wird. [...]

Am Ende haben die Arbeitgeber kaum eine andere Wahl. In manchen Regionen Deutschlands finden Unternehmen sogar kaum noch Leute für ungelernte Tätigkeiten, es herrscht an vielen Orten Vollbeschäftigung. Wenn der öffentliche Dienst mit Unternehmen aus der freien Wirtschaft um Leute konkurriert, kann er das am besten mit attraktiven Gehältern.