Die engagierte Kümmerin

Cornelia John ist Sozialarbeiterin im Amt für Jugend und Soziales im Vogtlandkreis, Außenstelle Reichenbach

Cornelia John ist Sozialarbeiterin im Amt für Jugend und Soziales im Vogtlandkreis in der Außenstelle Reichenbach. Seit fast zehn Jahren bestimmen die Hilfe zur Erziehung und der Schutz des Kindeswohls ihren Berufsalltag. Studiert hat sie das Fach Soziale Arbeit an der Fachhochschule Zittau / Görlitz. Auch in ver.di ist sie aktiv und sucht Verbündete für soziale Anliegen.

„Arbeitszeit ist Lebenszeit“, sagt Cornelia John. Doch in vielen Beschäftigungsverhältnissen sei spürbar, dass die Arbeitsbedingungen nicht im Gleichgewicht mit den Arbeitnehmerinteressen und ihren Bedürfnissen stehen. Der arbeitende Mensch werde von vielen Arbeitgebern als austauschbar betrachtet und in seinem Potenzial verkannt.

Sie selbst arbeitet in einem sehr guten Team. Doch fast täglich erleben sie und ihre Kolleginnen und Kollegen die Schattenseiten der Gesellschaft, die in den letzten Jahren spürbar zugenommen haben: Eltern, die überfordert sind, zerrüttete Familien, Angst, Gewalt, Missbrauch. Dem gegenüber steht die mangelnde Wertschätzung sozialer Berufe in der Gesellschaft.

Menschen in sozialen Berufen werden oft nicht gut bezahlt. Erzieher/innen fehlen. Sozialarbeiter/innen sind überlastet und bräuchten eigentlich selbst Hilfe, um kompensieren zu können, was sie täglich erleben. Wenn Cornelia John abends nach Hause geht, dann hat sie nicht immer das Gefühl, alles geschafft zu haben. Von sich selbst sagt sie: „Ich will bei den Menschen sein, nicht die schönste Akte haben.“ Im Notfall müsse sie ein Kind aus der Familie nehmen, das dann in eine Wohngruppe kommt. Doch dort ist ein Erzieher oder eine Erzieherin für zehn bis 15 Kinder zuständig. Wem sei damit geholfen, fragt sie und betont, dass der Gesetzgeber unbedingt reagieren müsse. Das gelte für alle Bereiche sozialer Arbeit. „Ob in Kindereinrichtungen, in Pflegeheimen, es gibt Wartelisten für Hilfen, weil der Bedarf nicht gedeckt werden kann“, berichtet sie.

Und viel zu oft gehe es nicht mehr um den Menschen, sondern nur noch darum, Kosten zu sparen. Das macht Cornelia John zu schaffen. Tagtäglich sehe sie, wie die Systeme Arbeit, Bildung, Gesundheitswesen und Justiz an Verwaltungsformalitäten ersticken und am Personalmangel leiden. Auch mangele es an Kooperation, findet sie. Dadurch gehe Wirksamkeit verloren.

Die 34-Jährige ist voller Energie, macht sich Gedanken zu sozialer Gerechtigkeit, Verantwortungsgefühl und Mitmenschlichkeit. Zugleich sind Probleme ihr beruflicher Alltag. Und die will sie mit den Kindern und ihren Eltern lösen. „Dafür brauchen auch wir gute Arbeitsbedingungen, Wertschätzung, mehr Personal, eine angemessene Bezahlung und auch für uns selbst familienfreundliche Arbeits- und Freizeiten.“ Ein Anspruch, der in allen Bereichen von sozialer Arbeit rechtlich und tarifvertraglich geregelt werden sollte, sagt sie.

„Ich kompensiere, indem ich mich engagiere“, hat sie für sich entschieden. Im Moment erkundet sie die Strukturen in ver.di im Bezirk und in ihrem Fachbereich, sie sucht Verbündete zum Austausch und Möglichkeiten des Mitwirkens. Btr.

„Ich will bei den Menschen sein, nicht die schönste Akte haben.“