Kontakt zu Gewerbetreibenden, Arbeit im Sicherheitsmobil oder einfach nur Präsenz zeigen – es gibt sie, die leichteren Jobs ab 55 Jahren

Was ist, wenn man erst in zwölf Jahren in Rente gehen kann, aber schon heute das Gefühl hat, dass man die Zeit bis dahin in seinem jetzigen Job nicht mehr schafft? Diese Frage stellte sich der Personalrat des Ordnungsamtes der Stadt Frankfurt/Main. Zu seinem Zuständigkeitsbereich zählt auch die Stadtpolizei, eine Abteilung mit rund 220 Beschäftigten, die überwiegend im Außendienst arbeiten.

Dort kümmern sie sich um illegale Müllentsorgung im Stadtgebiet, überwachen die Einhaltung der Kampfhundeverordnung ebenso wie den Jugendschutz. Sie kümmern sich um verwirrte Personen, um die Einhaltung von Emissions- und Lärmgrenzwerten und mehr. Sie müssen auch Hilfestellung bei Abschiebungen leisten. Schicht- und Wechselschichtdienste gehören zum Arbeitsalltag, die Mitarbeiter*innen der Stadtpolizei, Beamt*innen wie Angestellte, tragen eine Waffe zur Eigensicherung und Notwehr.

Beim Einsatz gerade in der Innenstadt gehe es oft rau zu, sagt die Personalratsvorsitzende Angela Hertel. Beleidigungen gehörten zum Arbeitsalltag. Wer nicht mehr im Außendienst eingesetzt werden konnte, wurde bislang mit Boten- und Fahrdiensten beschäftigt. „Das ist auch keine Erfüllung,“ sagt Hertel. Daher hat sich der Personalrat des Ordnungsamtes schon seit vielen Jahren Gedanken über eine Lösung gemacht. Gemeinsam mit Beschäftigen, aber auch mit der Abteilungsleitung wurden jetzt die Regelungen getroffen. Sieben der 43 Mitarbeiter*innen, die älter als 55 sind, nutzen sie bereits. Vereinbart ist, in zwei Stadtteilwachen Bürgern bei Fragen zu Dienstleistungen der Stadt weiterzuhelfen. In einer weiteren Außenstelle halten die Mitarbeiter Kontakt zu Gewerbetreibenden. Oder sie sind mit dem Sicherheitsmobil der Stadtpolizei unterwegs und zeigen in den Stadtteilen Präsenz. „Das sind alles Arbeiten, bei denen wir die Erfahrung der Kolleg*innen gut nutzen können“, sagt Angela Hertel.

Wichtig sei es, dass die Kolleg*innen wüssten, dass es für sie eine Einsatzmöglichkeit gibt, auch wenn sie nicht mehr im Außendienst eingesetzt werden wollen. Denn die Erklärung dazu erfolgt auf Vertrauensbasis, ohne Untersuchung durch den Betriebsarzt. Dessen Bescheinigung brauchen nur diejenigen, die jünger sind und nicht mehr im Außendienst arbeiten können.

Für das Konzept hat der Personalrat den diesjährigen „Deutschen Personalrätepreis“ in Gold erhalten – für Angela Hertel eine „große Anerkennung und Wertschätzung“. „Die Leitidee, gemeinsam in einer älter werdenden Dienststelle lange zusammen zu arbeiten und die Arbeitsinhalte, die Arbeitsorganisation, die Arbeitsplätze und die Arbeitsziele an die Leistungsfähigkeit und das berufliche Erfahrungswissen der Beschäftigten anzupassen und zu ändern, waren für die Jury preisverdächtig und nachahmenswert“, begründete der Vorsitzende des Bundespolizei-Hauptpersonalrats beim Bundesministerium des Inneren, Sven Hüber, in seiner Laudatio die Entscheidung.

Weitere Preisträger*innen Deutscher Personalrätepreis

Der Deutsche Personalrätepreis wurde am 21. November beim Schöneberger Forum vergeben. Mit ihm würdigt die Zeitschrift „Der Personalrat“ Personalräte, die selbst die Initiative ergriffen haben, um die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, deren Arbeitsumfeld oder die sozialen Rahmenbedingungen zu verbessern. Neben dem Preis in Gold (siehe Bericht) wurden auch die folgenden Interessenvertretungen geehrt:

Silber: Personalrat der Technischen Universität Dresden für das Projekt „Verbesserungen der Tarifvertragsanwendung, aktive Nutzung von Stufenverfahren“

Bronze: Gesamtpersonalrat der Universität Koblenz-Landau für das Projekt „Etablierung eines Bedrohungs-, Krisen- und Deeskalationsmanagements“

Sonderpreis der DGB-Jugend: Arbeitsgemeinschaft der Jugend- und Auszubildendenvertretungen der Unikliniken NRW für das Projekt „#unbezahlt“ zur Tarifierung von bislang unvergüteten Ausbildungsgängen im Gesundheitswesen (Siehe Bericht Seite J3)

Deutscher Betriebsrätepreis

Beim Deutschen Betriebsräte-Tag in Bonn wurden bereits Anfang November Betriebsräte für ihren Einsatz ausgezeichnet. Ausgeschrieben wird dieser Preis, der zum zehnten Mal verliehen wurde, von der Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“. Aus dem ver.di-Organisationsbereich wurden zwei Projekte geehrt:

Gold: Betriebsrat der Helios Klinikum Salzgitter GmbH für das Projekt: „Zu wenig Pfleger für zu viele Patienten! Wir brauchen mehr Personal – Betriebsräte machen mobil“

Sonderpreis Gute Arbeit: Betriebsrat des Klinikverbunds Kempten-Oberallgäu gGmbH für das Projekt Betriebsvereinbarung „Gefährdungs- und Überlastungsanzeige“

Sowohl der Deutsche Betriebsräte- als auch der Deutsche Personalräte-Preis 2019 sind bereits ausgeschrieben.

Mehr erfahren: www.dprp.de