Heike Langenberg ist Redakteurin der ver.di publik

Polarisierung und Verfestigung, das war der Titel eines Referats, das die Soziologin Dorothee Spannagel vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf dem ver.di-Bundeskongress gehalten hat. Es beschreibt die traurige Realität der Verteilungsungerechtigkeit in Deutschland. Mehr Arme, mehr Reiche, die Gesellschaft driftet immer weiter auseinander. Und das betrifft nicht nur die Verteilung der Vermögen. Eine Anfang Oktober vorgestellte WSI-Studie kommt zu dem Schluss, dass die Ungleichheit bei den Einkommen in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht hat, trotz guter Konjunktur und niedriger Arbeitslosigkeit. Gemessen wird diese Ungleichheit in dem sogenannten Gini-Koeffizienten. Der ist hoch wie nie zuvor. Das spürt man besonders an den Rändern. Arm wird ärmer, reich wird reicher, auch, weil die Einkommen sich auseinanderentwickeln.

Bis zum Jahr 2005 hat es schon mal einen starken Schub gegeben, nach der Wirtschaftskrise, also etwa ab 2010, so stellen die Wissenschaftler*innen fest, hat die Einkommensungleichheit erneut stark zugenommen – und diesmal besonders der Abstand vom unteren zum oberen Rand. Die materiellen Mittel der Armen sind so gering, dass immer mehr Menschen nicht mehr am kulturellen oder sozialen Leben teilhaben können. Sie sind ausgeschlossen von weiten Bereichen des alltäglichen Lebens in diesem Land. Und nicht nur das, denn je ungleicher die Einkommen sind, desto ungleicher sind die Lebenschancen. „Einmal reich, immer reich“, sagte Spannagel in ihrem Vortrag. Hinzu kommen steigende Mieten, die diese Situation weiter verschärfen.

Es muss endlich umverteilt werden. Reiche Haushalte müssen über höhere Steuern ihren Beitrag leisten. Niedrige Einkommen müssen durch einen höheren Mindestlohn aber auch durch eine stärkere Tarifbindung und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aufgewertet bzw. abgesichert werden. Sonst wird das nichts mit Gerechtigkeit.