Die Geschäfte beim Online-Bezahldienst PayPal laufen prächtig – kein Wunder angesichts zunehmender Bestellungen im Netz. Dennoch plant die weltweit agierende US-amerikanische Aktiengesellschaft Personalabbau an verschiedenen Standorten. Von erheblichen Stellenstreichungen betroffen ist die Niederlassung in Berlin-Wilmersdorf: 309 der derzeit 355 Beschäftigten sollen ihren Arbeitsplatz verlieren. Der Betriebsrat und ver.di halten dagegen.

„Es gab im August ein Gespräch mit der Geschäftsleitung, bei dem die Gründe für den massiven Stellenabbau aber nicht klar geworden sind“, sagt der Betriebsratsvorsitzende am Standort

Berlin-Wilmersdorf, Anselm Mathes. „Deshalb versuchen wir derzeit, so viele Informationen wie möglich zu sammeln und Alternativen zum geplanten Kahlschlag zu entwickeln.“

Ob den PayPal-Chefs der sehr rührige Betriebsrat in Berlin ein Dorn im Auge ist oder ob eher der unternehmensweite Kurs zur Auslagerung von Arbeitsbereichen und Verschlankung der eigenen Beschäftigtenzahl hinter dem angekündigten Stellenabbau stecken, blieb bisher jedenfalls im Dunkeln.

Bekannt ist hingegen, dass es PayPal wirtschaftlich sehr gut geht: Im 2. Quartal dieses Jahres wuchs der Umsatz um rund 660 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr, wie auch schon im ersten Kalendervierteljahr die Kurve deutlich nach oben gezeigt hatte.

„Nach unseren Berechnungen ist der Standort in Berlin-Wilmersdorf rentabel“, stellt Mike Döding, der zuständige Unternehmensbetreuer bei ver.di Berlin-Brandenburg, fest. Möglicherweise plane PayPal die Verlagerung der Aufgaben an Standorte, die noch schlechter bezahlten. Dabei erhalten die Beschäftigten in Wilmersdorf Vergütungen, die rund 20 Prozent unter dem Bankentarifvertrag liegen.

Klar ist, dass sich bei PayPal derzeit einiges verändert. So beendet eBay, das den Online-Bezahldienst 2002 für 1,5 Milliarden US-Dollar gekauft hatte, die Zusammenarbeit ab Mitte 2020. Schon 2015 hatte eBay PayPal abgespalten. Seitdem tritt es als eigenständiges Unternehmen auf und wird in der Technologiebörse Nasdaq notiert.

Für 2019 hat PayPal trotz guter Entwicklung seine Umsatzprognose laut Business Insider Deutschland vom 25. Juli von ursprünglich 18,1 Milliarden auf 17,8 Milliarden Dollar korrigiert. Das deutet auf umfangreiche Umstrukturierungen mit Personalabbau hin, für die Geld eingestellt werden muss, um Abfindungen leisten zu können.

So wurde im März bekannt, dass PayPal den Standort im US-amerikanischen Hunt Valley schließen will. Das Büro im malaysischen Kuala Lumpur ist bereits geschlossen. Umstrukturiert wurde auch bei PayPal Deutschland am Standort Dreilinden bei Berlin. Dort existieren allerdings seit längerem kein Betriebsrat und keine Anbindung an ver.di mehr.

In Berlin-Wilmersdorf gibt es noch Hoffnung. Anselm Mathes betont, dass Betriebsrat, Belegschaft und ver.di weiterhin für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen wollen. „Der Standort ist seit seiner Entstehung 2011 allmählich gewachsen. Wir sind ein gutes Team, das für die Kundenbetreuung ebenso zuständig ist wie für den Verkauf neuer Produkte an Händler.“

Allerdings besteht die Befürchtung, dass PayPal verstärkt Aufgaben an andere Unternehmen wie die ECE oder Bertelsmann auslagert, weil die Kosten dann nicht mehr dem PayPal-Kundendienst zugeschrieben, sondern als Partnerkosten gebucht werden.

Für Anfang Oktober ist das nächste Gespräch zwischen dem Arbeitgeber sowie ver.di und dem Betriebsrat geplant. Gudrun Giese