V06_07_aufmacher_FILM_resistance_001BCA_6105_groesser.jpg
Foto: Promo

Résistance-Widerstand

Als weiß geschminkter Clown im Ringelhemd mit zerbeultem Hut und Nelke ist er vielen in Erinnerung geblieben: Marcel Marceau galt als der berühmteste aller Pantomimen. Seine Heldentaten im besetzten Frankreich jedoch wurden hierzulande weniger bekannt. Im Jahr 1943 schmuggelte der damals erst 20-Jährige jüdische Kinder in die Schweiz. Mit einem Drama voller bedrohlicher Szenen, das zur Auflockerung aber auch der bezaubernden Kunst des 2007 in Cahors verstorbenen Künstlers viel Raum gibt, erzählt Jonathan Jakubowicz, wie es zu einer dieser gefährlichen Reisen kam. Jesse Eisenberg entpuppt sich hier mit komödiantischem Talent als idealer Hauptdarsteller.

V06_07_aufmacher_FILM_resistance_plakat01_DE.jpg

Schon in seiner Jugend träumt Marcel Mangel, wie der jüdische Sohn eines Metzgers mit bürgerlichem Namen heißt, von einer Karriere als Schauspieler. An eine entsprechende Ausbildung ist jedoch vorerst nicht zu denken. Bei seinen Performances in einer Straßburger Bar lässt sich 1938 nur ein überschaubares Publikum von ihm zum Lachen bringen. Sein Vater verteufelt seine Ambitionen – wenngleich aus taktischen Gründen, wie wir später erfahren. Eher zögerlich hilft der verkannte Künstler seiner Freundin Emma und ihren Mitstreitern bei der Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge aus Deutschland. Seine große Beliebtheit bei den traumatisierten Kindern, die aus seinen chaplinesken Späßen Kraft für ihren Überlebenskampf schöpfen, stärkt jedoch seine Einsatzbereitschaft. Marcel fälscht Pässe, lehrt die Kinder, sich in Bäumen zu verstecken, und schließt sich mit seinem Bruder der Résistance an.

Gegen Obersturmbannführer Barbie, den für seinen Sadismus berüchtigten "Schlächter von Lyon" – in seiner Widerwärtigkeit großartig gezeigt von Matthias Schweighöfer –, kommt allerdings niemand an. Statt sich weiterhin diesem sinnlosen Kampf zu verschreiben, rettet Marcel lieber Kinder. Unheimliche persönliche Begegnungen zwischen dem Künstler und dem Kriegsverbrecher Barbie, wie sie der Film zeigt, haben sich in Wirklichkeit zwar nicht zugetragen. Doch solche Freiheiten kommen der von Angst und Grausamkeit bestimmten atmosphärischen Dichte der Erzählung zugute.

Seinen hohen Anspruch behauptet Résistance mit ruhigen, nachdenklichen Dialogen. Besonders eine Sequenz, in der sich Marceau und Emma darüber austauschen, was Widerstand eigentlich bedeutet und wie sie ihre Energie am sinnvollsten zum Einsatz bringen, hängt einem noch lange nach.

Kirsten Liese

F/D/USA/UK 2020. R: Jonathan Jakubowicz. D: Jesse Eisenberg, Matthias Schweighöfer, Karl Markovics, Ed Harris, Clémence Poésy u.a., 122 Min., Start: 5.11.

V06_07_FILM_BOB_NEU_A-Gift-From-Bob.jpg

Ein Geschenk von Bob

Als außergewöhnlicher Kater, der einem Straßenmusiker bei seinem positiven Lebenswandel hilft und selbst durch dessen Fürsorge gesundet, wurde Bob, der Streuner berühmt. Inzwischen vermissen den im Juni verstorbenen Prachtkerl Millionen von Katzenfreunden, aber zumindest auf die Leinwand kehrt der Herzensbrecher noch einmal zurück. Die Fortsetzung bietet wenig Neues, dafür aber eine anrührende, nervenschonende Weihnachts-Geschichte. Allein der Tierschutz bereitet den unzertrennlichen Freunden diesmal Probleme. Weil der Ex-Junkie seinen Kameraden angeblich nicht gut versorgt, droht die Organisation ihm den Liebling wegzunehmen. Und das ausgerechnet in einer Situation, in der das Geld wieder einmal knapp wird und der süße Fratz erkrankt. Freilich lässt sich erahnen, dass es zu der befürchteten Trennung nicht kommt, zumal sich die Episode aus der Rückblende entwickelt. James Bowen, das Herrchen, ist schließlich schon am Ende des ersten Teils wie im wirklichen Leben zu einem erfolgreichen Buchautor avanciert. Dass der tierische Star des Films in einigen Szenen mit Zipfelmütze und Mäntelchen einen Santa Claus gibt, kann man kitschig finden. Seinem Charme kann man sich trotzdem nicht entziehen. Kirsten Liese

GB 2020. R: Charles Martin Smith. D: Luke Treadaway, Bob der Kater, Kristina Tonteri-Young u.a., 92 Min., Start: 26.11.

V06_07_Film_Curveball5.jpg

Curveball: Wir machen die Wahrheit

Als BND-Biowaffenexperte Arndt Wolf auf den Asylbewerber Rafid Alwan trifft, haben sich zwei gefunden, die Geschichte schreiben. Der Iraker behauptet, er habe als Ingenieur an Saddam Husseins geheimem Biowaffenprogramm mitgearbeitet. Zudem sei er in seiner Heimat an der Produktion von Anthrax-Erregern beteiligt gewesen. Eine sensationelle Information für den nicht gerade mit Erfolg verwöhnten BND. Endlich wäre man der CIA einmal voraus. Beim BND knallen die Korken, Kanzler Schröder dankt persönlich. "Waren wir mal die Fußabtreter vom CIA, jetzt nicht mehr", jubelt BND-Abteilungsleiter Schatz. Als ein Satellitenfoto den Schwindel entlarvt, ist es zu spät ,die Fake-News zu stoppen. US-Außenminister Colin Powell präsentiert sie vor der UN als Grund für einen Angriff auf den Irak. Und Joschka Fischer schweigt dazu. Die brisante Spionagekomödie zeigt, was in Gang gebracht werden kann, wenn Behauptungen zu Wahrheiten hochstilisiert werden. Stimmig und fein durchdacht, läuft Johannes Nabers Politdrama auf eine Katastrophe hinaus, die unser Heute bestimmt. Er erzählt von den verrückten, wahren Auslösern des zweiten Irakkriegs und rechnet dabei erneut auf ebenso entschlossene wie unterhaltsame Weise mit der kapitalismushörigen Politik ab. Luitgard Koch

D 2020. R: Johannes Naber. D: Sebastian Blomberg, Dar Salim, Thorsten Merten, Michael Wittenborn, Virginia Kull, Franziska Brandmeier. 108 Min., Kinostart: 26.11.