Nach wie vor wissen die meisten Beschäftigten der SB-Warenhauskette Real nicht, wie es künftig mit ihren Arbeitsplätzen weitergeht. Fest steht lediglich die Schließung einiger Häuser – etwa in Berlin-Spandau. Der Weiterverkauf eines Großteils der Filialen an Kaufland und Edeka wird noch vom Bundeskartellamt überprüft.

Am 10. Juli leitete die Behörde das Hauptprüfverfahren für die Übernahme von 101 Real-Standorten durch Kaufland ein. Mit Zustimmung des zur Schwarz-Gruppe (Kaufland, Lidl) gehörenden Unternehmens wurde die Prüffrist bis zum 9. November verlängert. Dabei soll vor allem der Einfluss auf den Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel sowie auf Absatz- und Beschaffungsmärkte durch die geplante Kaufland-Expansion analysiert werden.

Für die Beschäftigten der 101 betroffenen Real-Märkte wäre eine Übernahme durch Kaufland gut: Das Unternehmen hat den mehr als 12.000 Mitarbeiter*innen bereits die Rückkehr zur Bezahlung nach den ver.di-Flächentarifverträgen und die Integration der Real-Betriebsräte in die Mitbestimmungsstrukturen bei Kaufland zugesichert. Als erster Käufer nehme dieses Unternehmen "die Interessen der Real-Belegschaft ernst", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

Zuvor hatte die Metro AG als langjähriger Besitzer von Real Tarifflucht begangen und sich über die Entgelte mit dem nicht-tariffähigen Verein DHV verständigt. Neueingestellte Beschäftigte bei Real erhielten auf diese Weise bis zu 25 Prozent weniger Lohn als nach den ver.di-Tarifverträgen. Im Februar übernahm das Investorenkonsortium SCP/X-Bricks die SB-Warenhauskette. Dem gehe es nun vor allem darum, die Kette zu zerschlagen und meistbietend weiter zu veräußern, kritisierte Stefanie Nutzenberger.

Während die Weitergabe an Kaufland bei den Beschäftigten, ihren Betriebsräten und ver.di auf Zustimmung trifft, fällt die Einschätzung zu den übrigen Erwerbern – neben Edeka sind das Rewe und Globus – weniger gut aus. Auch sie sollten vorab Tarifbezahlung und Anerkennung der Mitbestimmung zusagen, forderte Nutzenberger: "Das Bundeskartellamt und das Bundeswirtschaftsministerium wären gut beraten, die Zustimmung zur Übernahme der Filialen von diesen Mindestvoraussetzungen zum Schutz der Beschäftigten abhängig zu machen." Dies solle auch für Filialen gelten, die Edeka und Rewe an selbstständige Kaufleute weitergibt. Bisher gibt es in solchen Geschäften oft weder Tarifbindung noch Betriebsräte. Unternehmen dürften sich nicht aus der Verantwortung stehlen und die sozialen Kosten ihres Geschäftsmodells – etwa in Form von Hartz IV-Aufstockungsleistungen – auf die Allgemeinheit abwälzen, so Stefanie Nutzenberger.

Das Bundeskartellamt kündigte Mitte September an, die Übernahme von 72 Real-Märkten durch Edeka bis zum 21. Dezember zu prüfen. Dabei geht es nach Behördenangaben um Ermittlungen zu Absatz- und Beschaffungsmärkten – wie bei Kaufland. Inwieweit die zu erwartenden Arbeitsbedingungen in den Filialen unter die Lupe genommen werden, erklärte die Behörde nicht.

Gudrun Giese