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Foto: Hella Heller

Friseur Klier, Essanelle, Hair Express, Styleboxx, Supercut – das sind fünf Marken, unter deren Namen die Klier Hair Group Haarschnitte anbietet. Die Salons sind bundesweit in fast allen Städten zu finden, in Einkaufszentren, Bahnhöfen, Kaufhäusern oder Verbrauchermärkten, mal mit einem eher traditionellen, mal mit einem nach eigenen Angaben trendigen, hippen Salonkonzept. Ergänzt wird das Angebot der Gruppe um den Verkauf von Stylingprodukten unter Namen wie Cosmo oder beautyhairshop oder online als Klier Hair World. Ende November wurde für "Europas größtes Filialunternehmen in der Friseurbranche", wie es auf der Website heißt, das Insolvenzverfahren eröffnet.

Eine Gläubigerversammlung ist für den 25. Februar 2021 angesetzt. In den Monaten zuvor hatte das familiengeführte Unternehmen versucht, in einem sogenannten Schutzschirmverfahren das Unternehmen eigenständig zu sanieren.

„Größte Friseurfamilie Europas“ nicht wirklich familiär

Was das Insolvenzverfahren für die nach eigenen Angaben 9.200 Beschäftigen in 1.400 Filialen bundesweit bedeutet, ist noch ungewiss. Die Inhaber geben sich nach außen hin sehr zugeknöpft. Informationen gibt es nicht viele, obwohl auf der Unternehmenswebsite heimelig von der "größten Friseurfamilie Europas" die Rede ist. Doch so richtig familiär ist es für die Beschäftigten auch in den zurückliegenden Monaten nicht zugegangen.

Seit der Beantragung des Schutzschirmverfahrens wurden immer wieder Filialen ohne Ankündigung geschlossen. In Protokollen aus einem internen Chat, die ver.di publik vorliegen, schreiben Mitarbeiter*innen, wie sie in solchen Fällen kurz nach Dienstbeginn gleich ihre Kündigung erhielten. Sofort sei die Ware aus der Filiale geräumt worden. Die privaten Sachen konnten sich die überraschend Gekündigten schnell noch aus Müllsäcken zusammensuchen, bevor diese dann abgeholt wurden. "Was ist denn das für eine Familie, in der man so behandelt wird", fragt eine Beschäftigte mit Blick auf die Eigenwerbung des Unternehmens.

Auch langjährige Treue zum Unternehmen zählt dabei nicht. "Man wird wie ein Gegenstand weggeworfen, ohne Emotionen", ist das frustrierte Fazit einer der Gekündigten. Die Fluktuation unter den Beschäftigten sei groß, sagt ver.di-Unternehmensbetreuerin Sonja Austermühle. Bei offenen Online-Mitgliederversammlungen, zu denen ver.di einlädt, aber auch in E-Mails und persönlichen Gesprächen erfährt sie viel von der Verunsicherung der Beschäftigten. Austermühle schätzt, dass es seit September zu über 30 Ad-hoc-Schließungen gekommen ist.

Weitere Schließungen und Stellenstreichungen werden nun wohl noch folgen. Auch hier sind genaue Zahlen bislang Fehlanzeige. Detlef Specovius, der das Unternehmen durch das Insolvenzverfahren führt, sagte der Wirtschaftswoche, dass derzeit noch mit vielen Vermietern verhandelt werde. Erst danach könne er Genaueres sagen. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle warnte vor weiterem Stellenabbau. Bei den jetzt anstehenden Verhandlungen müssten auch die Interessen der Mitarbeiter*innen berücksichtigt werden.

Doch in Sachen Mitbestimmung hat sich die Klier Hair Group noch nie sonderlich hervorgetan. Betriebsräte gibt es nur in drei Regionen. "Alle Wahlen wurden angefochten", sagt Sonja Austermühle. Das Unternehmen berufe sich dabei darauf, dass Betriebsräte jeweils für einzelne Salons und nicht für Regionen zuständig seien.

Auch der Versuch, sechs Kolleginnen eines Betriebsrats in Hamburg und Schleswig-Holstein wegen vermeintlichen Arbeitszeitbetrugs zu kündigen, ist jüngst vor dem Arbeitsgericht Hamburg gescheitert. Sie sind für die Beschäftigten in 17 Salons der Friseurkette Klier zuständig, ver.di publik berichtete. Die Kündigungen erfolgten kurz nach der Gründung eines Gesamtbetriebsrats.

"Betriebsratsarbeit wird bei Klier nicht anerkannt", hat Sonja Austermühle festgestellt. Immer wieder müssten die Interessenvertreter*innen in Vorleistung gehen, Fahrtkosten für Sitzungen erst mal selbst bezahlen. In der Insolvenz werden sie davon kaum etwas erstattet bekommen. Dabei ist diese Arbeit in der Insolvenz noch wichtiger als bisher, denn jetzt geht es darum, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten und einen guten Interessenausgleich und Sozialplan durchzusetzen.