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Eine heute Mitvierzigerin ist möglicherweise besonders von einer doppelten Besteuerung der Rente betroffenFoto: Gudath/imago images

Mit Spannung blickten derzeitige und zukünftige Rentner*innen im Mai zum Bundesfinanzhof nach München. Es standen zwei Entscheidungen zu einer möglichen Doppelbesteuerung von Rentner*innen an. Am 19. Mai fand die mündliche Verhandlung statt, am 31. Mai wurde die Entscheidung bekannt gegeben. Das Gericht wies die beiden Klagen ab. Es hatte bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass es sich um Entscheidungen handelt, die jeweils nur diese beiden konkreten Einzelfälle betreffen.

Dennoch lassen sich aus den abgewiesenen Klagen grundlegende Aussagen in Sachen doppelter Besteuerung ableiten. So bestätigte das Gericht am 31. Mai, dass es auch in konkreten Einzelfällen nicht zu einer doppelten Besteuerung von Rentner*innen kommen dürfe. Die kann vor allem zukünftige Rentner*innen betreffen, insbesondere die Generation der heute Mitvierziger*innen. Der 2005 vorgenommene Systemwechsel hin zu einer nachgelagerten Besteuerung von Alterseinkünften wird damit nicht in Frage gestellt. Damit hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt.

Vollständig versteuert bis 2040

Geklagt hatte ein Oberstaatsanwalt. Der Beamte wollte, dass seine Pension wie die Renten nur mit dem kleineren Ertragsanteil besteuert werde. Herausgekommen ist aber das Gegenteil. Bei den Pensionen blieb es bei der nachgelagerten Besteuerung, bei den gesetzlich Renten-versicherten sollte das Alterseinkommen nach einer Übergangsphase bei der Auszahlung besteuert werden (ver.di publik berichtete in Ausgabe 01/2021)

Daher werden bis 2025 schrittweise die Rentenbeiträge steuerfrei gestellt, im Gegenzug werden die Alterseinkünfte schrittweise höher versteuert, bis 2040 deren vollständige Versteuerung erreicht wird. "Eine solche doppelte Besteuerung wird vermieden, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse (kurz: steuerfreier Rentenbezug) mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus dem bereits versteuerten Einkommen aufgebrachten Rentenversicherungsbeiträge", heißt es in einer Mitteilung des Bundesfinanzhofs zu den Verfahren.

Jetzt ist die Politik gefragt

Der X. Senat hat erstmals konkrete Rechenparameter für die Ermittlung von einer etwaigen doppelten Besteuerung von Renten festgelegt. Dabei sind unter anderem nicht nur die jährlichen Rentenfreibeträge des Rentenbeziehenden zu berücksichtigen, sondern auch der unter Umständen länger lebenden jeweiligen Ehepartner*innen aus der Hinterbliebenenrente.

Nach Ansicht des Senats zeichnet sich eine Doppelbesteuerung für spätere Rentenjahrgänge ab, für die der Rentenfreibetrag nach der gesetzlichen Übergangsregelung immer weiter abgeschmolzen wird. Er verweist darauf, dass diese Rentenjahrgänge erhebliche Teile ihrer Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet hätten. Denn wer zum Beispiel 2040 und damit in die volle Versteuerung fällt, hat nur in den 15 Jahren zuvor seine Rentenbeiträge vollständig von der Steuer befreit zahlen können. Allerdings kann man bei einem Rentenbezug in der Regel von einer längeren Einzahlzeit als von 15 Jahren ausgehen.

"Jetzt ist die Politik gefragt", sagt ver.di-Rentenexpertin Judith Kerschbaumer. Sie geht allerdings nicht davon aus, dass die Vorgaben des Gerichts noch vor der Bundestagswahl umgesetzt werden. Sie verweist auch darauf, dass das Bundesverfassungsgericht bereits im Sommer 2016 in dieser Sache eine Entscheidung gefällt hat. "Das Thema ist hochsensibel, die Umsetzung der Entscheidung kann für den Staat zum Verlust von Steuereinnahmen führen", sagt sie. Dabei müsse aber auch genau in die Begründungen der beiden Urteile geschaut werden, um zu sehen, welche Vorgaben der Bundesfinanzhof jetzt gemacht hat.

Aktenzeichen X R 20/19, XR 33/19

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Sachstand zur einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, zusammengestellt durch den Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags unter kurzelinks.de/327n