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Für den komplexen Beruf des Mechatronikers braucht's fitte Prüfer*innenFoto: Stefan Kiefer/Visumx

Im August und September beginnt das neue Ausbildungsjahr. Ein guter Zeitpunkt, ein besonderes Ehrenamt vorzustellen. Denn mit ihrem Engagement sorgen die ehrenamtlichen Prüfer*innen in zahlreichen Abschlussprüfungen nicht nur dafür, dass junge Menschen ihre Ausbildung erfolgreich beenden können. Die Prüfer*innen sichern auch die Qualität in der dualen Berufsausbildung. Das Projekt Prüf mit! von ver.di unterstützt sie dabei.

"Das ist einfach ein geniales Angebot von meiner Gewerkschaft", sagt Ralf Böttjer über das Projekt Prüf mit!. Böttjer ist Elektro-Meister, Leiter eines Ausbildungsstützpunktes der Avacon Netz GmbH und seit über 20 Jahren ehrenamtlich im Prüfungswesen aktiv. Zunächst als Prüfer für Elektroniker*innen für Betriebstechnik und seit 2003 als Vorsitzender des Prüfungsausschusses in Oldenburg. Der 58-jährige weiß also, wovon er spricht. "Bei den Seminaren von Prüf mit! wird das rechtliche Grundwissen für die Prüfungstätigkeit vermittelt", sagt der Elektro-Meister. "Und nebenbei kann man sich unheimlich gut mit anderen Prüfer*innen vernetzen". Vom Projekt Prüf mit! und dem umfassenden Seminarangebot ist der Prüfer auch nach so vielen Jahren "immer noch total begeistert".

Grund dazu gibt es allemal. Denn das ver.di-Projekt feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Seit seiner Gründung im April 2002 wird es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Erfolgskonzept steht auf drei Säulen. "Wir begeistern neue Prüfer*innen für dieses spannende Ehrenamt, wir betreuen sie während ihrer Amtszeit und wir sorgen für ihre Weiterbildung", erklärt Franziska Hamann-Wachtel, zuständige ver.di-Projektleiterin im Bereich Bildungspolitik, die Ziele des Projekts. Sie freut sich darüber, dass Ehrenamtliche, die an Seminaren von Prüf mit! teilgenommen haben, "als Multiplikatoren in ihren jeweiligen Prüfungsausschüssen auftreten und Werbung für unser vielfältiges Angebot machen".

Verantwortungsvolle Aufgabe

Bundesweit gibt es nach Schätzungen von ver.di etwa 300.000 ehrenamtliche Prüfer*innen, die Auszubildende in den mehr als 320 anerkannten Ausbildungsberufen prüfen. "Im Zuständigkeitsbereich von ver.di als zweitgrößter deutscher Gewerkschaft dürften es etwa 40.000 bis 50.000 Prüfer*innen sein", sagt Franziska Hamann-Wachtel. "Das ist eine beachtliche Anzahl." Über den Nachwuchs für die Prüfungsausschüsse macht die Gewerkschafterin sich dennoch Gedanken. Ein Großteil der ehrenamtlichen Prüfer*innen sei aktuell über 50 Jahre alt. "Bei Amtslaufzeiten von fünf Jahren bereiten wir heute schon aktiv den Generationenwechsel in den Ausschüssen vor", so Franziska Hamann-Wachtel.

Die Prüfungsausschüsse werden paritätisch besetzt. Das bedeutet, es sitzt immer die gleiche Anzahl von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter*innen sowie eine Lehrkraft in den Prüfungen. ver.di hat als Gewerkschaft das Vorschlagsrecht für Arbeitnehmervertre-ter*innen. "Und das wollen wir natürlich auch wahrnehmen", sagt Franziska Hamann-Wachtel. Denn wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) als übergeordnetes gewerkschaftliches Organ den Industrie- und Handelskammern keine Vorschläge machen kann, fehlen Ehren- amtliche, die die Interessen der Auszubildenden vertreten.

"Dann würden die Betriebe und die Arbeitgebervertreter*innen diktieren, was in den Prüfungen passiert", sagt Dennis Jung. Er ist seit acht Jahren Prüfer beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS). "Eine solche Entwicklung wäre fatal", ist der Prüfer für Sozialversicherungsfachangestellte mit dem Schwerpunkt Krankenversicherung überzeugt. Denn die Arbeitnehmervertreter*innen im Prüfungsausschuss sind wichtig für die Auszubildenden und ihre Prüfungsergebnisse. "Sie sind dichter am Arbeitsalltag der Azubis dran und können arbeitspraktische Aufgaben viel besser beurteilen als die Arbeitgeber", sagt auch Elektro-Meister Ralf Böttjer.

Gaby Sikorski bereitet als Dozentin und Berufsschullehrerin ihre Schüler*innen auf die Abschlussprüfungen vor und hat sich dabei häufig über die unverständlichen Formulierungen der schriftlichen Aufgaben geärgert. Als Prüferin für Kaufleute für Büromanagement kann die gelernte Rechtsanwalts- und Notargehilfin nun zumindest die Aufgaben für die mündlichen Prüfungen selbst erstellen. "Ich trage doch eine Verantwortung dafür, wer nach mir kommt und wie gut diese jungen Menschen ausgebildet sind", sagt die 66-Jährige über ihre Motivation sich als ehrenamtliche Prüfer*in zu engagieren. Im Interesse ihrer zukünftigen Kolleg*innen möchte sie dafür sorgen, dass das Prüfungswesen lebendig bleibt. Deshalb empfiehlt Gaby Sikorski den Schüler*innen ihrer Abschlussklassen, sich nach der bestandenen Abschlussprüfung selbst als Prüfer*in zu engagieren.

Nachwuchs für Vielfalt

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Auch im Friseurhandwerk sind die ehrenamtlichen Prüfer*innen viel näher am Arbeitsalltag der Azubis dranFoto: Sven Simon/picture alliance

"Wir brauchen im Prüfungswesen fitte Leute, die mitten im Beruf stehen und nah am Thema sind", sagt der 31-jährige Dennis Jung. Mittelfristig möchte er gerne mehr junge Frauen, People of Color und Menschen mit Beeinträchtigungen für sein Ehrenamt gewinnen. "Ich wünsche mir mehr Vielfalt im Prüfungswesen, dann können wir es gemeinsam moderner und realitätsnäher gestalten."

Auch Ralf Böttjer legt das Ehrenamt jedem ans Herz, "der eine Leidenschaft für Ausbildung, Kommunikation und junge Menschen mitbringt". Denn neben der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, die auch Gaby Sikorski antreibt, macht ihnen allen die Tätigkeit als ehrenamtliche Prüfer*in vor allem eins: großen Spaß. "Zu sehen, wie sich junge Menschen bei der Abschlussprüfung über ihre eigene Leistung freuen, ist ein absoluter Benefit", sagt Dennis Jung. "Absolut bereichernd", empfindet auch Gaby Sikorski ihre Arbeit als Prüfer*in, und Ralf Böttjer hebt noch einen weiteren Vorteil hervor, den die Prüfer*innen aus ihrer Tätigkeit mitnehmen. "Wir alle bleiben beruflich immer auf dem Laufenden", sagt er. "Das ist ein toller Nebeneffekt."

Mehr Infos unter pruef-mit.de

Die drei wichtigsten FAQs

Welche Aufgaben habe ich als ehren­amtliche Prüfer*in?

Als Prüfer*in bist Du Teil des Prüfungsausschusses und begleitest Auszubildende vor allem bei ihren Abschlussprüfungen. Du prüfst die einzelnen Prüfungsbereiche entsprechend der jeweiligen Aus­bildungsordnung und bewertest sie verbindlich. Auch die Vor- und Nachbereitung der Prüfungen gehört zu Deinen Aufgaben, teilweise kannst Du sogar ­eigene Prüfungsaufgaben erstellen. Die Arbeit im Prüfungsausschuss ist übrigens Teamarbeit, auch bei schwierigen Entscheidungen bist Du nicht allein.

Wie werde ich ehren­amtliche Prüfer*in?

Die wichtigste Hürde hast Du mit dem ­erfolgreichen Abschluss Deiner eigenen Ausbildung schon genommen: die fach­liche Eignung. Neben Kenntnissen der Ausbildungsordnung sind natürlich auch soziale Kompetenzen wichtig, um eine Prüfung gut abzunehmen. Die Prüfungsausschüsse sind paritätisch besetzt und bestehen aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter*innen sowie einer Lehrkraft. Als Gewerkschaft hat ver.di das Vorschlagsrecht für die Plätze der Arbeitnehmervertreter*innen. Wenn Du also Interesse an diesem verantwortungsvollen Ehrenamt hast, wende Dich an Prüf mit! oder direkt an die ver.di-Geschäftsstelle bei Dir vor Ort.

Wo bekomme ich Unterstützung?

Du bist unsicher, ob Du die Ausbildungsordnung wirklich kennst und welche Bestandteile zur Prüfung in Deinem Beruf dazu gehören? Kein Problem! Dafür gibt es die Grundlagen-Seminare von Prüf mit!. Mit im Programm: Online-Seminare, Schwerpunkt-Seminare und natürlich regelmäßige Vernetzungstreffen, regional und digital. Denn niemand hat passgenauere Antworten auf Deine Fragen als andere ehrenamtliche Prüfer*innen. Ein Großteil der Seminare ist übrigens als ­Bildungsurlaub anerkannt.