Dortmund – Der Ratsbeschluss stand schon: In Dortmund sollte bei der Entsorgung Dortmund GmbH (EDG), dem kommunalen Entsorgungsunternehmen der Stadt, die Struktur des Aufsichtsrats verändert werden. Das hatten CDU und Grüne angeregt. Bislang war das Gremium paritätisch besetzt, mit der gleichen Zahl von gewählten Vertreter*innen der Beschäftigten und des Unternehmens. Doch die Mehrheit der Mitglieder des Stadtrats beschloss, die Zahl der Mandate von zwölf auf 15 zu erhöhen. Aber mit acht Mandaten für die Vertreter*innen der Gesellschafter hätten sie dort die Mehrheit gehabt.

Umfangreiches Wissen

Damit wäre die paritätische Mitbestimmung bei der EDG beendet gewesen. Doch sie war vor 30 Jahren bei der Gründung des Entsorgungsunternehmens eine der Voraussetzungen der Arbeitnehmer*innen, unter denen sie der Privatisierung zugestimmt haben. Weiteres Ärgernis: In Medienberichten hieß es, den Änderungen im Aufsichtsrat hätten die Betriebsräte zugestimmt. Doch weder die ver.di-Betriebsräte noch ver.di waren informiert worden.

"Die Betriebsräte sind auf dem Baum", schrieben die örtlichen Ruhrnachrichten. Zu Recht, denn mit dem Einsatz im Aufsichtsrat haben sie eine zusätzliche Möglichkeit, entscheidende Vorteile für die Beschäftigten durchsetzen zu können. Carmen Kalkofen ist die Betriebsratsvorsitzende des kommunalen Energieversorgers DEW21/Donetz und zugleich dort die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende. "Durch die Arbeit im Aufsichtsrat habe ich ein umfangreiches Wissen, ich erfahre hier viel mehr und kann auch vieles erfragen", sagt sie.

Sie könne dort auch einiges im Sinne der Beschäftigten initiieren. Und sie hat engere Kontakte in die Politik, etwa zum Dortmunder Oberbürgermeister, der Vorsitzender des Aufsichtsrats ist. Damit könne sie schon im Vorfeld wichtiger Entscheidungen die Position der Beschäftigten einbringen. Gerade jetzt, wo Corona und die Energiekrise starke Auswirkungen auf die Arbeit bei dem Energieversorger haben, sei es wichtig, alle Möglichkeiten zu nutzen, um für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. Der Aufsichtsrat dieses kommunalen Unternehmens ist paritätisch besetzt, dies wurde bislang auch nicht in Frage gestellt. "Paritätische Besetzung kommunaler Unternehmen hat in Dortmund eine gute Tradition", sagt Carmen Kalkofen. Daher war auch bei ihr das Unverständnis groß, dass das bei der EDG geändert werden sollte.

Mehr Einfluss

ver.di-Bezirksgeschäftsführer Michael Kötzing, weitere Vertreter*innen von ver.di und dem Deutschen-Gewerkschaftsbund (DGB) machten mobil. Sie unterstellten vor allem der CDU, aus reinem "Machtkalkül" zu handeln. Ihre Kontakte in die Politik nutzten sie für Aufklärungsarbeit, argumentierten unter anderem mit Studien, die zeigen, dass insbesondere paritätisch mitbestimmte Unternehmen erfolgreicher sind als die ohne Aufsichtsrat.

Und sie überzeugten: Der Rat der Stadt hat seinen eigenen Beschluss geändert. Der Aufsichtsrat soll zwar aufgestockt werden, dabei bleibt die Parität aber erhalten. Am 23. März soll bei einer Ratssitzung über den neuen Vorschlag abgestimmt werden, eine Mehrheit dafür gilt zurzeit als gesichert. Jörg Kowalski, bei der EDG sowohl im Betriebs- als auch im Aufsichtsrat Mitglied, ist erleichtert. "Über die Parität können wir mehr Einfluss ausüben, etwa wenn es um Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Ausbildung oder die Bewältigung der Energiekrise geht", sagt er. Nur dann könnten sie im Aufsichtsrat auf Augenhöhe mit den Vertreter*innen der Geschäftsführung reden.

In der Vergangenheit hat der Betriebsrat für die Beschäftigten etwa eine Zusatzrente durchgesetzt, Zuschüsse zum Fahrradleasing und Sonderzahlungen bei Dienstjubiläen durchgesetzt. Diese Beispiele aus den vergangenen 30 Jahren kosten Geld, das der Aufsichtsrat bewilligen muss. Daher sei es wichtig, auch dort zu überzeugen und mitzuarbeiten.

Stimmt der Rat jetzt der Änderung Ende März zu, stehen voraussichtlich im SommerAufsichtsratswahlen an. Dann steigt das Interesse der Beschäftigten an deren Aufgaben wieder, ist sich Kowalski sicher. Und ver.di hätte viele überzeugende Argumente dafür, warum es sinnvoll ist, die ver.di-Kandidat*innen ihrer Liste in das Gremium zu wählen.

Heike Langenberg