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* Frankreich 2012 – 2020 nur Privatsektor plus öffentliche Unternehmen * UK 2012 – 2019 * Ungarn ohne 2020 ** Spanien ohne Generalstreiks *** Portugal ohne öffentliche Verwaltung *** Irland: 4. Quartal 2019 geschätztQuellen: WSI; Eurostat; nationale Statistiken, eigene Berechnung

Streiks sind das Mittel der Wahl, um die Arbeitgeber bei Tarifkonflikten zu Zugeständnissen zu bewegen. Beispielsweise in der Tarifrunde von Bund und Kommunen, in der sich eine halbe Million Kolleg*innen an Warnstreiks beteiligt haben und die Einigung möglich machten. Oder aktuell im Handel, wo jetzt erneut Beschäftigte streiken, weil sie mehr als Applaus verdient haben und an den Gewinnen der Händler beteiligt werden wollen.

Wenn Busse und Bahnen stillstehen oder das Amt geschlossen bleibt, dann gibt es häufig auch Stimmen aus dem Arbeitgeberlager, die behaupten, hier werde zu viel gestreikt. Im internationalen Vergleich wird aber in Deutschland nicht besonders viel gestreikt, wie eine aktuelle Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung belegt.

Laut WSI sind im letzten Jahr in Deutschland insgesamt 225 Arbeitskämpfe geführt worden. Teilgenommen haben an den Arbeitsniederlegungen insgesamt 930.000 Streikende. Rechnerisch fielen dadurch 674.000 Arbeitstage aus. In 2021 wurden 221 Arbeitskämpfe geführt mit 909.000 Streikenden und 596.000 Ausfalltagen. Im ver.di-Organisationsbereich betrafen die größeren Flächenauseinandersetzungen in 2022 die Unikliniken in Nordrhein-Westfalen, den Sozial- und Erziehungsdienst und die Seehäfen.

Das WSI liefert auch Erkenntnisse über die Streikerfahrungen der Menschen. Demnach hat etwa jede*r sechste Beschäftigte in Deutschland (17 Prozent) schon mal selbst gestreikt, etwa die Hälfte davon sogar mehrmals. Während 22 Prozent der Männer angeben, bereits an Streiks teilgenommen zu haben, sind es bei den Frauen 13 Prozent. Das liegt daran, dass vor allem in eher männlich dominierten Branchen wie Industrie (Metall und Elektro) oder Verkehr häufig gestreikt wird. Allerdings haben die Arbeitskonflikte beispielsweise im Sozial- und Gesundheitswesen, wo viele Frauen arbeiten und ver.di aktiv ist, in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

In der internationalen Streikstatistik, bei der die arbeitskampfbedingten Ausfalltage pro 1.000 Beschäftigte miteinander verglichen werden, liegt Deutschland im unteren Mittelfeld. Von 2012 bis 2021 fielen hierzulande im Jahresdurchschnitt rechnerisch pro 1.000 Beschäftigte gut 18 Arbeitstage streikbedingt aus (siehe Grafik). Am meisten wurde in Belgien, Frankreich und Kanada gestreikt, am wenigsten in Ungarn, Schweden, der Schweiz, Österreich und der Slowakei, wo Arbeitskämpfe die absolute Ausnahme sind.