Ausgabe 04/2007
Müllmischung
Peter Deutsch (40) steuert den Beschickungskran im Abfallheizkraftwerk Velsen/Saar
Nachtschicht: Um 22 Uhr löse ich den Kollegen ab. Bis 6 Uhr früh bin ich Herr über ein paar tausend Tonnen Hausmüll, die tief unter meinem Kranführerhaus im Bunker lagern. Den ganzen Tag haben die Müllautos ihre Ladungen abgeliefert. Nachts ist es ruhiger. Mit nur sechs Kollegen halten wir den Betrieb am Laufen. Fast alles wird elektronisch gesteuert. Mit meinem Kran beschicke ich die beiden Öfen. Die Temperatur darf nicht unter 850 Grad sinken. Ich beobachte über zwei Bildschirme die Einfülltrichter der Öfen. Die brauchen genug Nachschub. Je nach Beschaffenheit fasst mein Greifer drei bis sechs Tonnen Müll. Ist viel Holz oder Fett dabei, geht der Ofen ab wie Schmidts Katze. Kippe ich zu viel Bauschutt oder nassen Müll in den Ladetrichter, müssen wir mit Brennstoff zufeuern. Das kostet Geld. Also achten wir auf die Müllmischung.
Mit Löschkanonen
Der Abfall muss regelmäßig umgeschichtet werden. Frischer Müll soll vor der Verbrennung im Bunker lagern. Dabei entsteht Hitze, manchmal Feuer. Dann muss ich mit Löschkanonen den Brandherd mit Wasser-Schaumgemisch überziehen. Reagiere ich zu spät oder falsch, entsteht schnell ein Millionenschaden. Deshalb muss ich auf der Hut sein und den Bunker beobachten. Vor allem nachts fällt das schwer. Nur selten kommt ein Kollege vorbei. Dann bin ich froh, wenn ich mit ihm ein paar Worte wechseln kann. Zum Glück muss ich nicht jede Nacht ran. Wir arbeiten im Vierschichtbetrieb, zwei Früh-, zwei Mittags-, zwei Nachtschichten, ein Wochenenddienst. Dann drei Ruhetage. Einen kann ich variabel einsetzen oder ansparen, um ein paar Tage hintereinander frei zu machen, für Familie, Vereinsarbeit oder meine Leidenschaft, das Marathonlaufen.
Zugegeben, mein Traumjob ist es nicht. Aber in diesen Zeiten ist mir ein sicherer Arbeitsplatz wichtiger als ein Traum.
In meinem Dorf muss ich manchmal gegen Vorurteile ankämpfen. So wird vermutet, dass wir nachts die Filter abschalten. Das ist Blödsinn. Den größten Aufwand betreiben wir für die Rauchgasreinigung. Unsere Anlage versorgt 30000 Haushalte mit Strom. Der Ablauf wird haarklein aufgezeichnet und ständig überwacht.