Ausgabe 11/2007
Pressestimmen
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 3. November 2007
Sehnsucht nach der Großgewerkschaft
Vielleicht öffnet dieser Gerichtstag, an dessen Ende den Lokführern erlaubt war, auch die Fern- und Güterzüge zu bestreiken, die Tür zu einem neuen Kapitel in der deutschen Streikgeschichte. Womöglich treten nun an die Stelle weniger großer Tarifarbeitskämpfe ganze Serien von Spezialistenstreiks. Die Lokführer sind die proletarischen Brüder der Piloten und der Klinikärzte, die sich ihre Sonderkonditionen schon erfochten haben. Es gibt noch mehr dieser Brüder. Man wird sich bald zurücksehnen nach der Zeit, in der die heute viel gescholtenen Großgewerkschaften die Dinge noch im Griff hatten, die Flächentarifverträge noch funktionierten, es noch Solidarität dergestalt gab, dass in den Einheitsgewerkschaften die stärkeren Mitgliedsgruppen Opfer für die Schwächeren brachten.
NEUES DEUTSCHLAND 26. Oktober 2007
Erpressungspotenzial übersehen
Aus guten Gründen hat sich in Deutschland das Prinzip "Ein Betrieb - eine Gewerkschaft" bewährt. Wer heute meint, Konkurrenz belebe das Geschäft, übersieht das Erpressungspotenzial, welches durch konkurrierende Gewerkschaften erwächst. Der Arbeitgeber kann sich die ihm genehme Gewerkschaft aussuchen. Der Streit um den Mindestlohn zeigt die Gefahren einer solchen Entwicklung.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG 16. OKTOBER 2007
Samstags bitte immer
Die Commerzbank ist vorgeprescht und wollte ihre Dienste an zahlreichen Standorten auch samstags anbieten. Aber der Betriebsrat stoppte jetzt das Vorhaben. Eine Öffnung an dem Tag sei nicht erforderlich, teilten die Arbeitnehmervertreter lapidar mit. Viele Kunden werden das anders sehen. Und der Betriebsrat wird feststellen, dass seine Blockade nur kurzfristig den Interessen der Beschäftigten dient. Auf lange Sicht gesehen trägt die Gewerkschaft Verdi lediglich dazu bei, weitere Filialmitarbeiter überflüssig zu machen.
WELT AM SONNTAG 14. Oktober 2007
Die störende Gewerkschaft
Als Mehdorn Ende 1999 auf den Chefposten der Bahn ans Ruder gelangte, wurde schnell eine fruchtbare Doppelspitze mit Norbert Hansen, dem Chef der großen Bahngewerkschaft Transnet, geschmiedet. Denn Mehdorn will bis heute bei einem Börsengang das Schienennetz nicht hergeben. Genau wie der Transnet-Chef. Denn der muss fürchten, dass bei einer selbstständigen Netzgesellschaft die Gewerkschaft Ver.di die Mitarbeiter dort organisiert.