KLAUS OBERENDER, 63

Café Elbblick

"Ist das nicht ein toller Arbeitsplatz?", schwärmt Klaus Oberender. Von seinem Schreibtisch im Hamburger Hafen blickt der Lademeister auf die weißen Villen, die hoch über dem grünen Elbufer thronen. "Die da drüben sehen doch nur den Hafen."

"Da drüben" wird in Hamburg traditionell das Geld ausgegeben, das hier, südlich des großen Stroms, verdient wird. "Café Elbblick" nennt der Hafendocker von der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) seinen Arbeitsplatz in einem blauen Bürocontainer direkt am Elbufer.

Klaus Oberender verfrachtet kostbares Gut. Bis zu 2000 Container schweben pro Tag unter seiner Regie über die Kai-Kante, verladen von und auf Lkw, Eisenbahnen und Schiffe. Gefüllt sind sie bis oben hin - mit Luft. Jede Containerbewegung bringt der HHLA, in Hamburg Hala gesprochen, gutes Geld.

Im Leerlager

Wir sind im Leerlager am Burchardkai, einem der modernsten Containerterminals Europas. Bis zu 7000 leere Boxen sind hier nach den Logos der Reedereien gestapelt, nachdem ihr Inhalt "Made in China" per Lkw, Bahn und kleinen Schiffen in Deutschland und Europa verteilt worden ist. Jetzt schippert das Leergut zurück nach Fernost, bis zu 2000 auf einem Schiff. Weil China boomt, brummt auch der Hafen.

Containerschluchten

Auch leere Stahlboxen wollen planmäßig gelagert und bewegt werden. Wenn aber etwas nicht nach Plan läuft, dann streift Klaus Oberender die signalgelbe Weste über, greift das Funkgerät, das neben dem FC St.-Pauli-Teddy liegt, und fährt mit seinem orangefarbenen Kleinbus dahin, wo ein Container umgefallen ist, ein Stapler defekt ist oder ein externer Lkw-Fahrer sich in den 14 Meter hohen Containerschluchten verirrt hat.

"Ich bin das Mädchen für alles", sagt der ver.dianer, der hier 1973 als unerfahrene "Kaitorte" die Kaffeesäcke und Bananenkisten noch mit Muskelkraft bewegt hat. Heute huscht nur noch schweres Gerät über den Terminal - geblieben sind die Arbeitszeiten. Rund um die Uhr besetzen drei Kollegen das Café Elbblick, egal ob es weihnachtet, stürmt oder schneit. Inzwischen sitzt Klaus Oberender im Betriebsrat. Vor zwei Jahren konnten die "Gelbjacken", wie sie sich selbst nennen, die Übernahme durch die Deutsche Bahn und im letzten Jahr die durch Finanzinvestoren abwehren. "Wir können halt schnell den ganzen Hafen lahm legen, wie die Lokführer die ganze Republik!"

Klaus Oberender ist mit allen Wassern gewaschen, sogar mit Elbwasser. Vor Jahren ist er Ende Dezember in die eiskalte Elbe gestürzt, weil eine Containerbrücke die langen Taue der Gangway touchiert hat. "Da gab es kein Halten mehr!"

Protokoll: HANS WILLE