Ausgabe 04/2008
Anstehen
Vorübergehend glücklich
Glück - welches Glück | Es gibt Leute, die sagen, das Geld liegt auf der Straße. Andere sagen, das Glück liegt auf der Straße. Und meinen damit das Gleiche: Wer glücklich sein will im Leben, der braucht dafür Geld oder auch Gold. Vor allem letzteres ist in den Tagen der Börsencrashs wieder zum teuer gehandelten Edelmetall gewachsen. Doch diejenigen, die nach ihm schürfen, haben meistens kein Glück. Ihren Arbeitseinsatz in den Goldminen bezahlen sie nicht selten mit dem Leben. Aber wären sie wirklich glücklicher, könnten sie all das mühselig ausgegrabene Gold für sich behalten? Vermutlich nicht. Weil die Frage nach dem Glück viele Facetten hat. Wie viele ungefähr, das zeigt zurzeit sehr anschaulich die Ausstellung "Glück - welches Glück" im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden.
In jedem Fall ist das Glück ein Gefühl, vor allem ein unbezahlbares, das sich nicht in Gold aufwiegen lässt. Der Hindu empfindet es bei einem Bad im heiligen Fluss Ganges, der Muslim auf der Pilgerfahrt gen Mekka. Ein nicht gläubiger Mensch kann voll des Glückes nach einem leckeren Essen sein. Die Migrantin, wenn sie endlich den lang ersehnten Pass der Bundesrepublik Deutschland erhält. Der Extremsportler, wenn er beim Tiefseetauchen kurz bewusstlos wird. Oder die Gärtnerin, wenn ihre Rosen blühen. Für all diese Gefühle des Glücks hat die Ausstellung Räume, Bilder und Objekte gefunden, die sie tatsächlich nachfühlbar machen. Selbst wer noch nie Karaoke gesungen hat, wird in dem Plüschcontainer, der in der Ausstellung dafür zur Verfügung steht, einen Moment des Glücks erleben. Oder wenn man einen Roboter, der nur aus einem Hirn auf Füßen besteht, durch sanftes Streicheln einer Männer- oder Frauenbrust zum Laufen bringt. Sex und Glück und Liebe und Glück gehören so symbiotisch zueinander wie die Liebe und das Unglück.
Auch für diesen Zusammenhang hält das Hygienemuseum etliche Film- und Bildbeispiele und eben erstaunliche Installationen bereit. Man muss die Welt des Glücks aber auch dann nicht so düster betrachten wie einst der Philosoph Arthur Schopenhauer, der behauptete: "Es gibt nur einen angeborenen Irrtum, und es ist der, dass wir da sind, um glücklich zu sein." Allein der Besuch dieser Ausstellung macht jedenfalls vorübergehend glücklich.
PETRA WELZEL
DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM, LINGNERPLATZ 1, DRESDEN, BIS 2. NOVEMBER, DI-SO 10-18 UHR
PhantasieMechanik - Maschinen erzählen Geschichten | Zu erkennen, was das Innerste der Welt zusammenhält, davon war Goethes Faust genauso angetrieben wie es fast jedes kleine Kind ist. Was im Alter eines Dr. Faust zu bahnbrechenden Entwicklungen führen kann, erweist sich beim Kleinkind noch als pure Lust, Zusammenhänge zu entdecken und entschlüsseln. Insofern bietet die neue Ausstellung im Wolfsburger Phaeno ein Experimentierfeld für große und kleine Menschen. Das Technikmuseum der besonderen Art hat über 70 Maschinen-Installationen von Künstlern aus den USA, England und Russland zusammengebracht, die nicht immer Sinn machen, aber ihren Reiz haben. Ein bewegter Puppenkopf beobachtet einen Ball, ein Turm ist so schief wie der von Pisa, oder eine Uhr sieht aus wie ein Einrad. Das lädt zum Denken ein und zum Anfassen. Hand anlegen dürfen die Besucher auch tatsächlich - vor allem an selbst zu bauende Maschinen.
PEWE
PHAENO, WILLY-BRANDT-PLATZ 1, WOLFSBURG, BIS 29. JUNI, DI-FR 9-17 UHR, SA/SO 10-18 UHR
Prêt-à-porter | Der Titel der Ausstellung im Kasseler Kunstverein lässt zunächst vermuten, es handele sich um ein Schaulaufen der Mode. Tatsächlich werden im Fridericianum, in dem der Kunstverein wieder seine Räume gefunden hat, acht zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler auf den Laufsteg der Kunst geschickt. Dass sich die französischen Zeitgenossen kaum von Künstlern anderer europäischer Länder unterscheiden, muss nicht wundern. Auch die Welt der Kunst ist enger und dichter zusammengerückt. Beeinflusst haben sich die Künstler ohnehin seit der Zeit, als sie und ihre Kunstwerke zu Fuß, per Kutsche oder Schiff von Land zu Land tourten. In der Kasseler Ausstellung lassen nun drei schlaff von der Wand hängende Fahnen, in den Farben der Trikolore, den Rückschluss auf ihre nationale Herkunft erkennen. Und man ertappt sich dabei, doch herausfinden zu wollen, was die Arbeiten der Maler, Objekt-, Film- und Performancekünstler im Nachbarland so anders macht.
PEWE
KASSELER KUNSTVEREIN, FRIEDRICHPLATZ 12, BIS 29. JUNI, MI-SO 11-18 UHR