Fettes Brot: Strom und Drang

| Man hat es leicht vergessen können, aber Rap sind nicht nur Bushido und Sido, nicht nur dicke Hosen und derbe Umgangsformen, nicht nur Gangbang und Gewalt. Nein, Rap, das ist auch Feiern und Fröhlichsein, Witz und Verantwortlichkeit. Wie Tierschützer erforschen Fettes Brot auf ihrem sechsten Album genau diese, hierzulande vom akuten Aussterben bedrohten Aspekte des HipHop. Folgerichtig beginnen sie mit einem hemmungslosen Party-Song, bekennen "Wir sind jung, wir sind frei, das ist unsere Stadt", und fahren fort mit einer an die Moderatorinnen der abendlichen Call-In-Shows gerichteten Bitte: "Bettina, pack Deine Brüste ein, Bettina, zieh Dir bitte etwas an". Wirklich ernsthaft wird das Hamburger Trio, wenn sie in Automatikpistole die gute alte Nächstenliebe in Stellung bringen gegen die aktuellen Auswüchse des Gangsta-Rap. Oder wenn sie in Ich lass Dich nicht los die tödlich endende Obsession eines Stalkers aus der Ich-Perspektive beschreiben. Auch dann sind ihre Raps zwar nicht eben fein gewirkt, aber ihr Gespür für die feine Balance zwischen massentauglichem Witz und einem sich nicht anbiedernden Problembewusstsein ist immer noch einzigartig im deutschen Rap.

TW

CD, FETTES BROT SCHALLPLATTEN/INDIGO


Various Artists: I Am Somebody

| Zum fünften Mal steigt in diesem April das "Pan Africain" Film Festival in Cannes. Regisseure, Schauspieler, und Musiker aus ganz Afrika kommen dort zusammen. Diesmal hat der Leiter Alain Nkossi Konda eine CD zusammengestellt, die einen Überblick gibt über die aktuelle panafrikanische Popmusik-Szene: warm swingender Jazz aus Ruanda, elektronische Rumba aus der Demokratischen Republik Kongo, funky Fusionen aus Senegal und jede Menge neue Sounds aus der afrikanischen Diaspora zwischen den USA und Europa. Kora-Klänge und Trommelrhythmen treffen auf westliche Harmonien, Hip Hop Beats und Reggae-Feeling auf groovende Keyboard- und Bläser-Arrangements. Neben der Qualität der Kompositionen überzeugen vor allem die Gesangstalente der bei uns fast noch durchweg unbekannten jungen Sängerinnen und Sänger. Die Auswahl bei einer Veranstaltung wie "Afrika sucht den Superstar" fiele schwer. Der Titel I am Somebody signalisiert über den Spaß an der Musik hinaus ein schwarzes Selbstbewusstsein, das auf berühmte Bürgerrechtler wie Marcus Garvey oder Martin Luther King verweist.

VICK

CD, CULTURE TAXI RECORDS; www.festivaldufilmpanafricain.org


Maria Rita: Meu Samba

| Maria Rita ist die Tochter von Elis Regina, einer unangefochtenen Ikone der brasilianischen Musik. Nicht leicht für jemanden, der sich aus eigener Kraft einen Namen machen möchte. Erst mit 24 Jahren - nach Abschluss eines Soziologiestudiums - entscheidet sie sich für die Musik. Mit ihren Vorgängeralben Maria Rita (2003) und Segundo (2005) hat Maria Rita allerdings nicht nur bewiesen, dass sie in der ersten Liga der brasilianischen Popmusik mitmischen kann, sondern sich auch internationale Anerkennung, darunter zwei Latin Grammys, erworben. Meu Samba ist ein uneingeschränktes Bekenntnis zu der Musik, ohne die der Karneval in Rio undenkbar wäre, die aber auch jenseits des Trubels weltweit ausstrahlt. Für die Shows von ehrwürdigen Samba-Ensembles hat Maria Rita gesungen. Dadurch ist sie immer tiefer in diese Urform brasiianischer Musik vorgedrungen. Absolut bestechend: ihre Stimme mit dem wunderbar klaren, warmen Timbre. Damit wirkt sie in jeder Phase ihrer Songs vollkommen unangestrengt.

RIX

CD, WARNER