Wenn der Ball rollt

Österreich und die Schweiz blicken auf deutsche Erfahrungen - nicht nur auf Fußballfeldern

2006 hat in Deutschland ein Sommermärchen stattgefunden. Die Fußball-Weltmeisterschaft versetzte das Land in einen Freudentaumel, auch abseits der Stadien. Jetzt steht das nächste Fußball-Großereignis in der Nachbarschaft bevor: Vom 7. bis 29. Juni wird in der Schweiz und Österreich der neue Europameister ausgespielt. Klar, dass die Gewerkschaften der austragenden Länder auch mal zum Nachbarn schauen. Beispiel Ladenschluss: In Deutschland versuchten Handelsunternehmen, mit der Fußball-WM den Ladenschluss auszuhebeln. Auch fernab der Spielorte sollten die Geschäfte rund um die Uhr und am Sonntag geöffnet haben. Doch die Fußballfans sorgten nicht für den erwarteten Umsatz.

"Diese Erfahrungen aus Deutschland helfen uns sehr", sagt Willi Mernyi, der beim Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) das Referat für Kampagnen leitet. "Die echten Fans sind an den Sonntagen, wenn Spiele sind, im Stadion. Das sagt selbst die Wirtschaft." Das zeigt auch die Reaktion des Managements eines großen Einkaufscenters, das direkt neben dem Wiener Ernst-Happel-Stadion liegt. Statt an den Spieltagen rund um die Uhr zu öffnen, schließt es bereits zur Mittagszeit die Pforten des Centers.

Auch die Schweizer Dienstleistungsgewerkschaft Unia kämpft gegen längere Ladenöffnungszeiten, nur weil der Ball rollt. So will der Zürcher Stadtrat Öffnungszeiten bis Mitternacht und vier Sonntage für das Verkaufen freigeben. Dafür gibt die Unia die rote Karte - auch aufgrund der deutschen Erfahrungen.

Zum Bedauern Mernyis ist es jedoch nicht zu einer gemeinsamen Gewerkschaftsaktion gekommen. Überlegt hatte er sich einen EM-Planer mit den Logos der drei Gewerkschaftsdachverbände der beteiligten Länder.

Der ÖGB hat eine eigene Kamapgne zur EM ins Leben gerufen. Auf der Seite www.fairplayatwork.at werden Menschen vorgestellt, die dafür sorgen, dass die EM überhaupt stattfinden kann. "Fußball ist nicht elf gegen elf, und drei passen auf. Dahinter stehen viele tausend Menschen, zum Beispiel Fahnennäherinnen, Fleischer oder Sicherheitsleute. Die wollen wir sichtbar machen", sagt Mernyi. Damit wollen der ÖGB und seine Mitgliedsgewerkschaften dafür sorgen, dass bei ihnen die Fairness auch am Arbeitsplatz funktioniert. Denn schon vor der EM war zu sehen, dass die Firmen das Ereignis zum Anlass für Überstunden oder windige Verträge nehmen. HLA