DGB: Agieren statt reagieren

Militante Neonazis hatten ursprünglich für den 1. Mai eine Kundgebung in Hannover angemeldet. Diese Veranstaltung unter dem Motto "Schluss mit Verarmung, Überfremdung und Meinungsdiktatur - Nationaler Sozialismus jetzt!" sowie alle Folgeveranstaltungen wurden vom hannoverschen Polizeipräsidenten verboten. Gegen den Aufmarsch hatte das breite Aktionsbündnis "Bunt statt braun. Kein Meter - Gemeinsam gegen den Naziaufmarsch" mobil gemacht und zu friedlichen Gegendemonstrationen aufgerufen.

"Wir sollten nicht nur reagieren, sondern aktiv mit der Thematik umgehen", fordert Sebastian Wertmüller, DGB-Vorsitzender der Region Niedersachsen-Mitte. Die Zeiten, in denen Neonazis mit Springerstiefeln und Glatzkopf leicht auszumachen waren, sind vorbei. Seit einigen Jahren setze die extreme Rechte in der Öffentlichkeit auf Kapitalismuskritik und vermeintlich linke Rhetorik. Neonazis fischten nicht mehr nur am gesellschaftlichen Rand, sondern richteten ihre Agitation zusehends auf die politische Mitte aus, so der DGB. Das erfordere neue Akzente und Strategien im gewerkschaftlichen Kampf gegen Rechts. Mit einem eigenen "Handlungskonzept Rechtsextremismus" integriert der DGB den Kampf gegen Neonazis in den gewerkschaftlichen Alltag.

Was ist denn bei uns los?

Wertmüller fordert mehr Beteiligung und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema - auch in den eigenen Reihen. "Wenn sich in unserer Republik Rechtsextremisten, Neonazis und Rassisten auf die Straße wagen, sind DGB und Gewerkschaften bei Protesten und Aktionen ganz vorne dabei. Viele Aktionen und Bündnisse würde es ohne uns Gewerkschaften gar nicht erst geben", so Wertmüller. Doch wünsche man sich einheitlichere Ziele, klarere Positionen und die Einbeziehung von Migrant/innen.

Klare Ziele vor Augen

Gewerkschaften genießen einen großen Vertrauensvorschuss, wenn es um den Kampf gegen Rechts geht: "Wir gelten als authentisch, bündnis- und aktionsfähig. Im Gegensatz zu den Parteien und anderen Organisationen wird uns eine führende Rolle zugestanden. Daher sollten wir nicht nur auf Naziaufmärsche reagieren, sondern aktiv mit der Thematik umgehen. So lassen sich Menschen für die gewerkschaftliche Arbeit gewinnen, die wir über andere Wege nur schwer gewinnen können", sagt Wertmüller und formuliert weitere Ziele:

  • In der Mitte der Gesellschaft agieren und Rassismus und Antisemitismus dort zum Thema machen. Auseinandersetzungen auch dann führen, wenn es Widerstände gibt.
  • Kommunale und regionale Aktionspläne einfordern sowie Bund und Länder mehr in die Pflicht nehmen. Unsere Kompetenz in der Bildungsarbeit ist gefragt. Der Kampf gegen Rechts kann nicht der gewerkschaftlichen Jugendarbeit allein überlassen werden.
  • Neue Partizipationsangebote in Betrieb und Gesellschaft entwickeln: Wer real mitgestalten kann, ist weniger anfällig für autoritäre Lösungen und sieht in Kolleg/innen mit Migrationshintergrund keine Bedrohung. Mehr Demokratie ist eine Antwort auf autoritäres und nazistisches Denken.