Ausgabe 08/2009-09
Die Einzige
Protokoll: Michaela Böhm
Der Umgangston unter Tiefdruckern ist rau. Aber ich benehme mich nicht anders als die Kollegen. Ich bin die einzige Tiefdruckerin im Betrieb. Mir macht das nichts aus, es war in erster Linie für die Männer gewöhnungsbedürftig. Mancher befürchtete, dass Frauen ihnen jetzt die Arbeitsplätze streitig machen, aber ich bin seit Beginn meiner Ausbildung vor zehn Jahren die Einzige geblieben. Mir war schon in der Schule klar, dass ich einen handwerklichen oder technischen Beruf lernen werde. Ich habe lieber mit meinem Vater das Dach gedeckt als Kuchen zu backen. Aber ich muss als Frau in dem Job besser sein als ein Mann, um anerkannt zu werden.
Nur kein Staub unterm Messer
Im Tiefdruck werden Kataloge und Zeitschriften in hohen Auflagen produziert. Selbst wenn ich zu Hause einen Versandhauskatalog durchblättere, fallen mir sofort Fehler auf, obwohl ich nicht danach suche. Ich entdecke Farbstreifen, dünne Linien, die entstehen, wenn die überschüssige Farbe nicht ordentlich abgetragen wurde, weil unter dem Rakelmesser Papierfitzelchen, Dreck oder Staub hängen. Wenn die Maschine neu eingerichtet, also auf einen neuen Auftrag vorbereitet wird, arbeiten wir gegen die Uhr, die Zeit ist vorgegeben. An alten Maschinen kann das Einrichten bis zu vier Stunden dauern. Ehrlich gesagt habe ich lieber an den alten Maschinen gearbeitet. Um die Zylinder auszuwechseln, muss man sie aus den Druckwerken anheben. Da konnte man noch zupacken. Bei den neuen Maschinen geschieht der Zylinderwechsel vollautomatisch, die sind so mit Elektronik vollgestopft, dass wir allenfalls noch kleine Reparaturen vornehmen können. Wenn die Maschine läuft, kontrollieren wir das Produkt. Ich überprüfe, ob die Farbe der Fotos auf dem Druckbogen die gleiche ist wie auf der Musterseite vom Kunden. Hat die grüne Jacke im Katalog einen gelben Stich, muss mehr blaue oder weniger gelbe Farbe zugeführt werden. Dafür gebe ich Befehle auf dem Schaltpult ein. Ist die Jacke auf dem Druckbogen aber gelb, habe ich Ausschuss produziert. Da eine Druckmaschine pro Stunde bis zu 60 000 Bogen auswirft, kann das teuer werden. Dann ist die Kritik auch deftig.