Bayreuther Festspiele I Auf dem „grünen Hügel“ konnte ver.di einen Tarifvertrag mit kräftigen Einkommenssteigerungen durchsetzen

WOLFGANG PAUL ist Tarifsekretär beim ver.di-Bundes-vorstand

ver.di PUBLIK | Die Einkommen steigen durch den Tarifvertrag im hohen zweistelligen Bereich. Gehen die Bayreuther Festspiele jetzt pleite?

WOLFGANG PAUL | Nein, Bayreuth hat sehr zahlungskräftige Zuschussgeber und Partner. Die Festspiele sind nicht nur wichtig für die Region, sondern haben ein weltweites Renommee. Ohne den Tarifabschluss hätten sie ihre erfahrenen und professionellen Saisonkräfte nicht mehr halten können. Die hatten nämlich bereits angekündigt, zu den alten Vergütungen nicht mehr für die Bayreuther Festspiele arbeiten zu wollen. Auf sie hätte die Festspielleitung aber nicht verzichten können. Letztlich hat der Tarifvertrag die qualitative Basis der Bayreuther Festspiele in diesem Bereich stabilisiert.

ver.di PUBLIK | Wie war es möglich, einen Tarifvertrag mit dieser Steigerung durchzusetzen?

PAUL | Wir haben eben alles richtig gemacht. Nein, im Ernst: Es war von Anfang an klar, dass wir arbeitskampf- und damit vor allem durchsetzungsfähig sein müssen. Dafür musste auch der gewerkschaftliche Organisationsgrad deutlich erhöht werden. Zunächst waren nur rund ein Dutzend der 57 Festangestellten ver.di-Mitglied. Bis zum Beginn der Verhandlungen traten sie alle ein. Und auch bei den rund 150 Saisonkräften, die zum Teil aus Tschechien und Österreich kommen, hatten wir schließlich fast einen 100-prozentigen Organisationsgrad. Außerdem waren wir uns ziemlich sicher, dass die Arbeitgeber keine Chance hatten, mit Hilfe von Streikbrechern die Festspiele zu retten. Die Solidarität im Bühnenbereich ist bundesweit vorbildlich. Wir hatten sogar von den Beschäftigten der anderen bayerischen Theater die Zusage, dass sie uns bei einem Arbeitskampf vor Ort unterstützen würden.

ver.di PUBLIK | Ist ein solcher Erfolg einmalig oder ist so etwas auch an anderen Bühnen oder gar Branchen machbar?

PAUL | Prinzipiell ja. Für das materielle Ergebnis sind allerdings die äußeren Rahmenbedingungen und die richtige strategische Planung mitentscheidend. Die Voraussetzungen müssen stimmen: ein hoher Organisationsgrad, die Bereitschaft und das Vermögen zum Arbeitskampf, und der Streik muss auch richtig wirken und den Arbeitgeber empfindlich treffen. In Bayreuth haben Festangestellte gemeinsam mit den Freien gekämpft. So war dieser Erfolg möglich. Insofern kann in ähnlichen Konstellationen so etwas auch an anderen Theatern und auch in anderen Branchen erreicht werden.